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II
Wolfenbütteler Herzöge im 16., 17. und 18. Jahrhundert
II.3
Herzog Heinrich Julius
Im Gegensatz zu seinem Vater ist Heinrich Julius
(*1564; 1589-1613) eine außerordentlich schillernde
Persönlichkeit.
1
Belesen, sprachbegabt, ein fähiger
Jurist und Verfasser derber Theaterstücke, vermittelte
er auf Reichsebene zwischen Protestanten und Ka-
tholiken. Im eigenen Herrschaftsbereich ließ er diese
Toleranz aber zumeist vermissen. Seine jüdischen
Untertanen jagte er außer Landes und ließ Dutzende
von Frauen (zumeist aus dem einfachen Volk) als an-
gebliche Hexen grausam foltern und verbrennen.
Schon mit zwei Jahren zum Fürstbischof von Hal-
berstadt gewählt, übernahm Heinrich Julius dort im
Alter von vierzehn Jahren die Regierung und führte
1591 die Reformation ein. Seine Halberstädter Re-
sidenz, Schloss Gröningen, ließ er großartig erwei-
tern, wie er überhaupt eine überaus prächtige Hof-
haltung und die Schönen Künste liebte. Das zeigte
sich besonders, nachdem er 1589 die Nachfolge
seines Vaters in Wolfenbüttel angetreten hatte. Zu
seinem dortigen Hofstaat gehörte seit 1592 die erste
feste Theatergruppe in Deutschland, und 1595 be-
rief er den berühmten Musiker Michael Praetorius in
das
Amt des Hoforganisten. Die Stadt und Festung
Wolfenbüttel baute er gezielt aus (Fortifikation, Neue
Heinrichstadt, Marienkirche). Ebenso nachhaltig för-
derte er die Universität Helmstedt (Juleum Novum).
Ähnlich wie sein Großvater Heinrich lag er mit
der Stadt Braunschweig, der größten und wichtigsten
Kommune des Fürstentums, in Dauerfehde. So wenig
wie jener vermochte er aber die selbstbewusste, auf
ihren Rechten beharrende Hanse- und Messestadt
niederzuringen. Dieser permanente kriegerische
Konflikt überschattete seine gesamte Regierungszeit.
Der glänzende Hof sowie die militärischen
und politischen Ambitionen des überaus ehrgeizi-
gen Fürsten verschlangen viel Geld. Der väterliche
Staatsschatz schwand rasch dahin, dagegen nahmen
Schuldenlast und Steuerdruck stark zu, und das Land
verarmte. Dank der Gunst Kaiser Rudolfs II. hielt sich
der Herzog ab 1607 überwiegend in Prag auf. Ob-
gleich er Protestant war, stieg er zum Direktor des
Kaiserlichen Geheimen Rates auf und begann, in der
Reichspolitik eine bedeutende Rolle zu spielen. Sein
plötzlicher Tod, durch unmäßigen Weingenuss her-
vorgerufen, setzte dem ein unvorhergesehenes Ende.
Seit 1590 war Heinrich Julius in zweiter Ehe mit
der dänischen Königstochter Elisabeth (1573-1626)
verheiratet. Aus dieser Verbindung gingen fünf Töch-
ter und fünf Söhne hervor, von denen jedoch drei in
jungen Jahren starben.
Unter diesem Herzog erreichte das Haus Braun-
schweig-Wolfenbüttel den Zenit seiner Macht. Zu
dem vom Vater übernommenen eindrucksvollen
Länderkomplex erwarb Herzog Heinrich Julius u.a.
noch die Grafschaften Blankenburg und Regenstein
sowie die Vogtei über das Kloster Walkenried. Au-
ßerdem verleibte er sich das vakante Fürstentum
Grubenhagen ein, das eigentlich einer anderen Wel-
fenlinie zustand.
Durch den Dreißigjährigen Krieg und eine Erbtei-
lung gingen dann der größte Teil der in den letzten
drei Generationen hinzugewonnnen Territorien wie-
der verloren und mit ihnen die dominante Position
der Herzöge von Braunschweig-Wolfenbüttel im Ge-
füge der norddeutschen Fürsten.
Abb. 20
Herzog Heinrich
Julius
,
Öl auf Leinwand,
Kopie nach einem
Gemälde von 1609;
Museum im Schloss
Wolfenbüttel
►►
Abb. 22
Herzog Friedrich
Ulrich
,
Christoph Gertner
(~1575 - nach 1623),
Öl auf Leinwand,
1615;
Braunschweigisches
Landesmuseum,
Braunschweig
Abb. 21
Herzogin Elisabeth
,
geb.
Prinzessin
von Dänemark
,
Kupferstich nach
einem ovalen
Gnadenpfennig,
17. Jahrhundert;
Herzog August Bi-
bliothek, Wolfen-
büttel, A 2406