Seite 30 - Schloss_Wolfenbuettel

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IV
Schloss Wolfenbüttel und die Dammfestung
IV.1
Der Schlossplatz
Die stattliche freie Fläche des Schlossplatzes entstand
in der Regierungszeit Herzog August „des Jüngeren“
(*1579; 1635-1666), der um 1643 eine Vielzahl von
Häusern, die sich auf dem dicht bebauten Areal
drängten, niederreißen ließ.
1
Ursprünglich befand
sich hier ein Vorwerk der mittelalterlichen Burg, die
Dammsiedlung, die am Ende des 15. Jahrhunderts
durch Mauer, Graben und zwei Tore (dem Dammtor
und dem Mühlentor) gesichert wurde und die nun als
Exerzierplatz genutzt wurde.
2
Über
den breiten Dammgraben, der im 16. Jahr-
hundert als Hafen genutzt wurde und an dessen
Stelle heute große Teile des Warenhauses Karstadt
sowie des Geschäftshauses der Braunschweiger Zei-
tung stehen, führte die sogenannte Lange Brücke.
Herzog August „der Jüngere“ hatte sie 1644 erbauen
lassen, um den hölzernen Vorgängerbau zu erset-
zen.
3
Zwei strenge Wächterfiguren aus Stein wurden
auf der Brücke, die in der Mitte eine entsprechende
Verbreiterung aufwies, aufgestellt. Hinter der Brücke
erhob sich das Dammtor, dessen auf quadratischem
Grundriss erbauten Teil zur Schlossplatzseite man
vermutlich im letzten Drittel des 15. Jahrhunderts
errichtet hatte.
4
Der zum Graben gerichtete Teil des
Tores, dessen Grundmauern sich auf einem Halb-
rund erhoben, wurde erst nach 1514 erbaut. Seine
Dachkonstruktion bestand aus einer nach 1556 hin-
zugefügten achteckigen Haube, und den Beinamen
„düsteres Tor“ verdankt es seinen beiden hinterein-
ander liegenden, fensterlosen Durchfahrtskammern.
Mit Ausnahme der Jahre zwischen 1691 und 1717,
während derer Tobias Querfurt, der Hofmaler, das
dem Schloss zugewandte Fachwerkobergeschoss des
Turmes bewohnte, wurden diese Räume bis ins Jahr
1800 als Dienstwohnung des Festungskommandan-
ten genutzt. An der Stelle des 1804 abgetragenen To-
res steht heute die Wolfsplastik des Bildhauers Erich
Schmidtbochum.
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Auf der linken Seite des Schlossplatzes befanden
sich eine Reihe von Fachwerkhäusern. Davon steht
noch heute das Eckgebäude (Nr. 19) aus dem Jahr
1605, in welchem der Großvogt, der Leiter des Re-
sidenzamtes und Festungskommandant, wohnte. In
den Jahren von 1693 bis 1716 beherbergte es die
Dienstwohnung Oberhofmarschalls Friedrich von
Steinberg. Nach seinem Tod war hier die Komman-
dantur bis zumWegzug der Herzöge im Jahr 1754 un-
tergebracht. Auch von Steinbergs Witwe lebte nach-
weislich noch 1745 in dem Haus. Das Gebäude, das
zuvor an dieser Stelle gestanden hatte, war zwischen
1561 und 1576 vom fürstlichen Geschützgießer
Cordt Mente, der auch das Taufbecken in der Mari-
enkirche schuf, bewohnt worden.
6
Das angrenzende
Abb. 81
Dammtor von Osten
,
lavierte Feder-
zeichnung, 1737;
Niedersächsisches
Landesarchiv, Staats-
archiv Wolfenbüttel,
50 Slg 33 Nr. 9b
Abb. 80
Wolfenbüttel,
Dammfestung im 18.
Jahrhundert
,
isometrische
Darstellung, Blick von
Osten,
Rekonstruktions-
versuch von Elmar
Arnhold und
Hans-Henning Grote
Legende zu Abb. 80
Befestigungsanlagen
A
Bastion „Wunderlicher Heinz“
(Lindenberg)
B
Bastion „Krokodilsberg“
C
Bastion „Mühlenberg“
D
Bastion „Finkenberg“
E
Bastion „Wunderlicher Kurt“
Gebäude
1
Dammtor mit Brücke über den
Dammgraben
2
Kommandantenhaus
3
Kleines Schloss
4
Fürstliches Schloss
5
Schlosskapelle
6a
Schlachthaus, Pagenhaus
(ehemaliger „Tiergartenbau“)
6b
Hofküche
6c
Hofbäckerei
7
Hofkonditorei, Bediensteten-
wohnungen, Pagenhaus (Heinrichsburg
ehemaliger Wohnbau von Herzog Julius)
8a
Komödienhaus [1750 – 1799]
8b
Opernhaus [1688 – 1748]
9
Mühlentor
10
Backhaus für die Hofbediensteten
11
Damm-Mühle
12
Brauhaus, Residenzamt
13
Haus des Oberkammerdieners
Schäffer, später Wohnhaus des
fürstlichen Bibliothekars
14
Fürstliche Bibliothek –
im Erdgeschoss fürstlicher Pferdestall
und Winterreitbahn
14a
Pferdeschwemme
15
Zeughaus
16
Proviantboden,
Fürstlicher Pferdestall
17
Fürstliches Wagenhaus [nach 1711],
zuvor Reithaus des Erbprinzen
[1711]
18
Hofsporerei
19
Schlösschen auf dem Finkenberg
(„Prinzenschlösschen“)
20
Wohnhaus der Witwe und des
Sohnes von Hermann Korb
[nach 1735]
21
Wohnhaus und Hofbuchhandlung
von Johann Christoph Meißner
[1721-1771]