77
Schloss
erhob, nieder – nur der Südflügel entging der
Demolierung. Hier brachte man zwischen 1645 und
1666 die Hofdruckerei der Gebrüder Heinrich und
Johann Stern unter, und im Jahr 1643 richtete man
für Herzog Rudolf August im selben Gebäudekom-
plex eine Wohnung ein, die der Erbprinz bis zu seiner
Thronbesteigung 1666 bewohnte.
18
Wie die Gebäu-
degruppe in dieser Zeit aussah, zeigt ein Kupferstich
von Matthäus Merian aus dem Jahr 1654.
19
In den Jahren von 1666 bis 1685/87 dienten die
Gebäude dem herzoglichen Statthalter und späteren
Mitregenten Herzog Anton Ulrich als Residenz.
20
Danach funktionierte man das „Kleine Schloss“ 1687
zur Ritterakademie um. Diese bestand bis 1689 aus
dem zweigeschossigen Südflügel, der auf der Hofsei-
te von einem schönen Giebel bekrönt wurde – dann
fügte man im rechten Winkel einen kurzen Westflü-
gel an.
21
Nach der Schließung der Ritterakademie im
Jahr 1712 fiel die Gebäudegruppe samt „Tiergarten-
bau“ (H), der durch zwei gedeckte Gänge mit dem
Kleinen Schloss verbunden war, an die Bevernsche
Linie der fürstlichen Familie.
22
Ein kleiner Kupfer-
stich aus dem Jahr 1715 zeigt die neue Bevern-Re-
sidenz von Norden aus gesehen.
23
Um 1717/18
Fachwerkhaus
(Nr. 18) stammt aus dem 17. Jahrhun-
dert und wurde von Siegmund Georg Schöps (1632-
1699) bewohnt, der zwischen 1696 und 1699 das
Amt des Fürstlichen Haushofmeisters bekleidete.
7
Das Nachbarhaus aus dem 16. Jahrhundert, die heu-
tige Nr. 17, wurde in den späten Regierungsjahren
Herzog Anton Ulrichs von dessen Oberstallmeister
Johann Dargeroth († 1716) bewohnt.
8
Durch eine
Toreinfahrt im angrenzenden Haus Nr. 15, das zu
Beginn des 18. Jahrhunderts vom Geheimsekretär,
Legationsrat und fürstlichen Bibliothekar Lorenz
Hertel (1659-1737) bewohnt wurde, gelangt man in
eine kurze Sackgasse, die ein Rudiment des Straßen-
und Gassengewirrs darstellt, das ehedem den ganzen
Schlossplatz bedeckte.
9
In der Einfahrt selbst ist eines
der ältesten in Wolfenbüttel erhaltenen Holzportale
aus dem frühen 16. Jahrhundert zu bewundern. Die
beiden ursprünglich folgenden Häuser aus dem 17.
Jahrhundert riss man schon im Jahr 1796 nieder.
10
In
dem einen war im Jahr 1712 das bekannte Gasthaus
„Zum roten Löwen“ untergebracht. In jenem, das un-
mittelbar an das „Kleinen Schloss“ grenzte (und zu
dessen Areal es ab 1731 zählte), lebte ab 1709 der
herzogliche Haushofmeister Daniel Domnes (1658-
1736), der später in das zuvor von Siegmund Georg
Schöps bewohnte Haus Nr. 18 zog.
11
Zwischen dieser Häuserzeile und dem Schloss
sprang die Platzfront erheblich zurück und gab auf
diese Weise Raum für den Vorplatz des sogenannten
„Kleinen Schlosses“. Die Mitte des 18. Jahrhunderts
errichtete Abgrenzung dieses Vorplatzes ragte ihrer-
seits mit symmetrisch gestaffelten Rundungen in den
Schlossplatzbereich hinein. Sie bestand aus einem
Gitter, das in regelmäßigen Abständen von Pfeilern
unterbrochen war, von deren Höhe Putti herablächel-
ten. Die Gebäude des „Kleinen Schlosses“ selbst ha-
ben eine wechselvolle Nutzungs- und Baugeschichte
hinter sich: An der Stelle des noch heute erhaltenen
Gebäudes erhob sich die schon im Jahr 1526 erwähn-
te „Alte Kanzlei“.
12
Der südliche Teil des Hauses war
in Fachwerkbauweise errichtet worden. Den Bereich
zum Schlossplatz, dessen Obergeschoss über eine
Freitreppe erschlossen wurde, hatte man dagegen
aus Stein gebaut.
13
Während der obere Stock Kanzlei
und Bibliothek beherbergte, hatte man im darunter
liegenden, gewölbten Geschoss die Registratur (Ar-
chiv) untergebracht.
14
Holzgänge auf der Höhe des
oberen Stockes verbanden die Kanzlei mit dem Haus
des Großvogtes auf dem Südteil des Grundstücks
und mit dem „Tiergartenbau“ jenseits des Grabens.
15
Im Jahr 1592 zog man ins neuerrichtete Haus der
fürstlichen Kanzlei in der Kanzleistraße.
16
Große Ver-
änderungen kündigten sich an, als im Jahr 1643 mit
dem Ausbau des Häuserkomplexes der „Alten Kanz-
lei“ zur Residenz der Erbprinzen begonnen wurde.
17
Man riss die Häuser entlang des Grabens einschließ-
lich der „Alten Apotheke“, die sich unmittelbar
am
Der Schlossplatz
IV
►
Legende zu Abb. 82
1
Fürstliches Schloss
2
Schlosskapelle
3
Heinrichsburg (Wohnbau)
4
Schlachthaus („Tiergartenbau“)
5
Alte Apotheke
6
Alte Kanzlei
7
Residenz des Erbprinzen Rudolf
August mit Kellerresten der älteren
Häuser des Kanzlers und Großvogtes
▼
Abb. 82
Alte Kanzlei und
Hofapotheke von
Osten
, Wolfenbüttel,
Zustand nach 1643
vor 1654,
Rekonstruktions-
versuch von Elmar
Arnhold und
Hans-Henning Grote
1
2
3
5
6
7
4