Seite 58 - Schloss_Wolfenbuettel

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Leben am Hof
ter der Ritterakademie ernannt worden war. Sein Amt
an der Ritterakademie übergab er um 1692 an Herrn
von Diepenbrock, der das Amt bis 1703 bekleidete,
und stieg noch im selben Jahr zum Geheimen Rat
auf. Zusätzlich übertrug man Friedrich von Steinberg
1701 noch die Ämter des Hofrichters und des Ober-
bergrates, die er bis zu seinem Tode im Jahr 1716
inne hatte. Unter Herzog August Wilhelm ernannte
man Christian von Schack zu seinem Nachfolger als
Oberhofmarschall.
Dem Oberhofmeister, dessen Amt der regieren-
den Herzogin beigeordnet war, oblag die Ausbildung
der Prinzen, und er war für die korrekte Umsetzung
und Einhaltung des Hofzeremoniells zuständig. In
den Jahren 1688 bis 1712 richtete man zusätzlich
das Amt des Oberhofmeisters der Ritterakademie
ein, der das berühmte Institut leitete. Seine häufige
Abwesenheit von der Akademie machte offenbar
die Einrichtung der Stelle des Vize-Oberhofmeis-
ters erforderlich. Dem Oberhofmeister unterstand
eine Reihe von Hofmeistern, die mit der Erziehung
der Prinzen und Prinzessinnen befasst waren und
auch die Aufgabe hatten, die jungen Welfenherzö-
ge auf Reisen zu begleiteten, sowie die Tanz- und
Sprachmeister. Es ist überliefert, dass in den Jahren
1722 und 1723 drei französiche Tanzmeister und
ein Sprachmeister zur Hofhaltung gehörten.
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Nur ein
Drittel der Prinzenerzieher entstammte dem Adel, die
übrigen Pädagogen kamen aus bürgerlichen Kreisen.
Fast alle Oberhofmeister begannen ihre Karriere an
der Residenz als Hofmeister. Meist ernannte der Her-
zog einen der Männer, die ihn als Hofmeister auf der
obligatorischen Kavaliersreise begleitet hatten, zum
Oberhofmeister. Auch von diesem Amt seien einige
Personalien mitgeteilt: Im Jahr 1692 berief man Ru-
dolf Christian von Imhoff (1660-1717), der ein Jahr
zuvor noch als Hofmeister geführt wurde, ins Amt
des Oberhofmeisters der Herzogin. Imhoff wurde in
den Jahren 1701 bis 1704 von Günther Otto von Kra-
gen abgelöst, um nach dem Tod Herzogin Elisabeth
Julianes wieder in seine alte Position zurückzukeh-
ren. Mit dem Regierungsantritt von Herzog August
Wilhelm im Jahr 1714 besetzte man dieses Amt mit
Levin Adam Bock von Wülfingen, dessen Nachfolger
1718 Leopold Joseph von Giannini wurde. Nach 13
Amtsjahren folgte ihm 1731 ein Graf von Bencken-
dorff als Oberhofmeister.
An der Ritterakademie bekleidete der bereits er-
wähnte Friedrich von Steinberg das Amt des Ober-
hofmeisters in den Jahren zwischen 1688 und 1692.
Drei seiner Nachfolger sind uns ebenfalls bekannt:
Hermann von Diepenbrock (tätig: 1692-1703), Hans
Friedrich von Walther (tätig: 1703-1710) und Joa-
chim Ludolf von Veltheim (tätig: 1710-1712). Als Vize-
Oberhofmeister fungierte zunächst der Stallmeister.
Zwischen 1687 und 1692 übertrug man dies Amt
erst Johann Dageroth (†
1716), anschließend Chris-
tian
Lampadius (tätig: 1692-1696), dann Wolf Adam
von der Thann (1663-1714; tätig: 1696-1710) und
schließlich Anthony Murray (tätig: 1710-1712).
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Die Leitung der Hofküche und des Hofkellers lag
in den Händen des Oberschenks. Ihm unterstanden
Oberküchenmeister und Küchenmeister, die das Re-
giment in der Hofküche führten. Der für die Rech-
nungsführung zuständige Küchenschreiber hatte die
täglichen Wareneingänge und -ausgaben in einem
Buch zu vermerken. Fünf Köche, ein Bratmeister und
der Hausschlachter waren nicht nur für den tägli-
chen Speiseplan der fürstlichen Tafel, sondern auch
für die Mahlzeiten der Hofbeamten und Hofbediens-
teten sowie der Zöglinge der Ritterakademie verant-
wortlich. Um diesen Riesenaufwand zu bewältigen,
benötigte man eine ansehnliche Schar von Helfern.
Eine Quelle aus dem Jahr 1722/23 nennt folgendes
Küchenpersonal: Einen Bratenwender, vier Feuer-
bräter, fünf Küchenfrauen und einen Küchenknecht.
Natürlich gehörte auch die Hofkonditorei mit ihren
vier Bäckern zum Verfügungsbereich des Oberkü-
chenmeisters.
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Dem Oberschenken oblag zudem
die Verwaltung der Silberkammer, in der das silberne
Tafelgerät, das Besteck sowie die Silberleuchter und
die Tischwäsche untergebracht waren. Wir erfahren,
dass 1722/23 allein vier Silberdiener die Bereitstel-
lung der kostbaren und empfindlichen Tafelgegen-
stände, das Einschenken der Getränke und die Pflege
des Silbergerätes bewerkstelligten. Hierbei standen
ihnen zwei Silberwäscherinnen und ein Hilfsjunge
zur Seite. Auch die Verwaltung der verschiedenen
Bier- und Weinkeller gehörte zu den Aufgaben des
Oberschenken. Ihm unterstanden drei Mundschen-
ke, welche die Speisen und Getränke zur fürstlichen
Tafel brachten und vorkosteten, sowie ein Keller-
schreiber und ein Kellerknecht.
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Zwischen 1688 und 1701 wird Anton Albrecht
Baron von Imhoff (1653-1715) als Oberschenk ge-
nannt. Wir kennen auch die Namen seiner Nach-
folger: Zunächst Philipp von Spörcke (tätig: 1701-
1714), dann, in der Regierungszeit Herzog August
Wilhelms,
sind Burkhardt von Schwarzkoppen (tätig:
1714-1718) sowie Philipp von Münch (tätig: 1718-
1731) Inhaber dieses Amtes in Wolfenbüttel.
Zu den höchsten Hofbeamtenstellen zählte auch
der Oberstallmeister, der am Wolfenbütteler Hof in
der Regel auch das Amt des Oberjägermeisters be-
kleidete. Mit seinen Stallmeistern, Wagenmeistern,
Kutschern, Vorreitern, Schmieden, Sattlern und Stall-
knechten war er für den Pferdekauf, die Fütterung
und Zurichtung sowie für die Kutschen und Karossen
zuständig. Der oben erwähnte Johann Dageroth war
bereits 1687 als Stallmeister engagiert worden, bevor
er 1708 zum Oberstallmeister avancierte. Um 1709
wird als Stallmeister Kaspar von Schütze genannt,
dem ab 1715 Christian Friedrich Meinders in diese
Stellung folgte.
Abb. 153
Mitglieder der Familie
und des Hofstaates
der Herzöge Rudolf
August und Anton
Ulrich
, Ausschnitt
aus Tobias Querfurts
Altarbild „Golgatha“
(Abb. 145) – Umriss-
zeichnung von Simon
Paulus