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Das Hellwigsche Kriegsspiel und die
Wissenschaft vom Spielen
Die Landschaft des Spielbrettes ist dicht gefüllt: Nicht nur, dass ein Labyrinth
von Flüssen, Wäldern, Bergen und Dörfern die Landschaft zwischen den beiden
tief verschanzten Festungen füllt – es drängen sich auch schier unüberschaubare
Massen von Infanteristen und Kavalleristen, Artilleriestellungen mit Bedienmann-
schaften, aufgeworfene Verschanzungen und mit Pontobrücken beladenen Wagen
auf dem Feld. An den Stellen, an denen sich die aufmarschierenden Armeen gegen-
überstehen, verlieren sich die Figuren und die Ordnung der gegliederten Linien,
und ein Tumult von Einzelkämpfen wird sichtbar. Vor unserem Auge entfaltet sich
aber nicht die Schlacht bei Waterloo, sondern das Kriegsbrettspiel Johann Christian
Ludwig Hellwigs.
Konzentriert stehen die Spieler um das Brett her-
um: Je zwei ziehen die Figuren der beiden Parteien,
ein Spielleiter achtet auf die Regelgerechtigkeit der
Züge und Aktionen. Flüsternd beraten sich die Spie-
ler: Was soll als nächstes geschehen? War die Aus-
gangsaufstellung optimal? Ist es Zeit, die zurück
gehaltenen Reserveeinheiten nach vorne zu führen,
soll man einen Umgehungsvorstoß über die Flanken
wagen oder lieber die direkte Konfrontation suchen?
Jeder Zug bedarf gründlicher Überlegung. Es gilt,
langfristige Strategien zu entwickeln, die Bewegun-
gen und Ziele des Gegners abzuschätzen und vor
allem die eigenen Pläne möglichst nicht zu früh
offensichtlich werden zu lassen. Die Vielzahl der
Regeln und die generelle Logik des Spiels lassen es
Abbildung 1:
Detailausschnitt einer Figuren
konstellation aus der Rekonstruktion des
Hellwigschen Spiels in Braunschweig,
2007.