Seite 16 - Voigtlaender+Sohn

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Johann Friedrich, im väterlichen Betrieb
als Mechanicus ausgebildet, ging 1801 auf
Wanderschaft. Sein Weg führte ihn unter
anderem nach Berlin (1801) und Stuttgart
(1803). Von zentraler Bedeutung für seine
Ausbildung waren die Anregungen, die er in
der württembergischen Residenzstadt von
dem dort ansässigen Hofopticus und Mecha-
nicus Stiftsmesser Johann Heinrich Tiede-
mann erhielt.
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Johann Friedrich faßte hier
offensichtlich den Entschluß, seine Qualifi-
kation durch eine Ausbildung als Optiker zu
erweitern.
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Angesichts der Überlegenheit der eng-
lischen Optiker um 1800 war es für einen an
diesem Arbeitsgebiet interessierten Gesellen
naheliegend, dort profunde Kenntnisse zu
erwerben. Die Qualität der Fernrohre, die in
englischen Werkstätten entstanden, wurde zu dieser Zeit auch von
Beobachtern auf dem Kontinent vorbehaltlos anerkannt. Im Gegensatz
zu anderen europäischen Ländern widmeten englische Handwerksmei-
ster auch der Brillenproduktion besondere Aufmerksamkeit.
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Die
Rückständigkeit deutscher, österreichischer, aber auch französischer
Optiker auf diesem Arbeitsgebiet hatte soziokulturelle Ursachen. Das
Tragen einer Brille galt als „nicht gesellschaftsfähig“, eine Anschauung,
die z. B. von Johann Wolfgang von Goethe vertreten wurde.
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Johann Friedrich Voigtländer reiste 1805 von Stuttgart über Frank-
furt am Main und Bremen nach London. Die Frage, bei welchen engli-
schen Optikern er arbeitete, läßt sich aufgrund der fehlenden Zeugnisse
nur durch Rückschlüsse beantworten. Wie Moritz v. Rohr vermutete,
war Johann Friedrich in der Werkstätte Dollonds tätig gewesen, da er
nach seiner Rückkehr nach Wien die von Wollaston 1804 erfundenen
periskopischen Brillengläser herstellte.
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In den Worten v. Rohrs: „Das
läßt auf eine nähere Kenntnis schließen, da bei der damaligen
beschränkten Oeffentlichkeit der englischen Patente Gewerbsmännern
der geschützte Gegenstand nicht ohne weiteres bekannt gewesen ist.“
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Auf zwei weitere Erfahrungen der Londoner Zeit ist hinzuweisen:
Zum einen lernte Voigtländer das „single-eye glass“ kennen, zum ande-
ren konnte er sich Kenntnisse über das in Deutschland zu dieser Zeit
unbekannte Verfahren des flächenmäßigen Schleifens der Linsen auf
Körpern aneignen.
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Johann
Friedrich
Voigtländer
(1779–1859).
Nach einem
Stich von
Kriehuber
1832