Seite 16 - Westphalenzeit

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Lustik
genannt, da er eine Vorliebe für glanzvolle Feste hatte, nicht so sehr
fürs Regieren.
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Am 7. Dezember 1807 wurde die Verfassung des Königreichs Westphalen
verkündet. Alle Einwohner des neuen Staates waren gleichberechtigte
und freie Bürger, auch die Juden. Die obersten Verfassungsorgane waren
der Staatsrat und die dem König gegenüber verantwortlichen Minister.
Neben dem Staatsrat wurde eine Ständeversammlung eingerichtet. Es gab
vier bzw. später fünf Ministerien, deren Minister dem König gegenüber
verantwortlich waren: das Innen- und Justizministerium, das Finanz-
ministerium, das Kriegsministerium und das Handelsministerium. Von den
anfänglich vier Ministerien waren zwei (Inneres und Finanzen) stets von
Deutschen besetzt. Als die Ministerienzahl auf fünf erhöht wurde, nahmen
sogar drei Deutsche diese hohen Ämter ein: Gustav Anton von Wolffradt,
Ludwig Friedrich Viktor Hans von Bülow und Karl August von Malchus.
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Jedes Departement hatte einen Präfekten an der Spitze, der Departementsrat
wurde bestellt. Die Distrikte wurden von einem Unterpräfekten verwaltet,
der einen Distriktsrat zur Seite hatte. Den Gemeinden stand ein Maire mit
einem Munizipalrat vor.
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Die Beseitigung der alten Strukturen wurde von
den Gelehrten, den Beamten und großen Teilen der städtischen Bevölkerung
begrüßt, weniger von den ländlichen Schichten, die weiterhin eine starke
Loyalität gegenüber  dem braunschweigischem Herrscherhaus bewahrten.
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Der Staatshaushalt des Königreichs Westphalen
Das gesamte Staatssystem des Königreichs Westphalens wurde auf die
Bedürfnisse Napoleons, auf die Anforderungen dessen Armee ausgerichtet.
Napoleon sah sich als Rechtsnachfolger des flüchtigen Braunschweiger
Herzogs. Folglich wurde dessen gesamter Besitz zum napoleonischen Eigen-
tum erklärt. Der Intendant Daru beanspruchte sofort die Verfügungs­
gewalt über die Staatskasse. Minister Gustav Anton von Wolffradt musste
hinnehmen, dass dieser alle fünf Tage alles vorhandene Geld beanspruchte
und für die Beamtengehälter nichts blieb. Die so requirierten Gelder flossen
direkt der kaiserlichen Armee zu. Zu diesen regelmäßigen Geldabführungen
kamen noch erhebliche Sonderzahlungen hinzu, so forderte Daru am
20. November 1806 die Zahlung einer einmaligen Landeskontribution
von 5.625.000 Frances bis zum Jahresende. Die braunschweigischen
Minister, an selbstständiges Handeln nicht gewöhnt, unternahmen alles,