Seite 9 - Zwist_Zwietracht

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Vorwort
Der Wettstreit umMacht und Ansehen zwischen Braunschweig und Hanno-
ver begann mit dem Zeitalter des Absolutismus. Bis zu Beginn der Neuzeit
hatte keiner der Herzöge von Braunschweig und Lüneburg die Bedeutung
ihres Ahnherrn Heinrich der Löwe wiedererlangt. Das Herrschaftsgebiet der
Welfen zwischen Weser und Elbe, der Nordsee und dem Harz war durch
häufige Erbteilungen zu sehr zerstückelt worden.
Mit Glück und politischem Geschick erweiterte im 16. Jahrhundert Herzog
Heinrich der Jüngere sein Fürstentum Braunschweig-Wolfenbüttel um das
Hochstift Hildesheim. Sohn Julius und Enkel Heinrich Julius fügten die
Fürstentümer Calenberg und Grubenhagen hinzu. Als ‚Mittleres Haus
Braunschweig‘ stellten sie die Vettern von Lüneburg-Celle in den Schatten.
Im Dreißigjährigen Krieg ging Hildesheim unter den Söhnen von Heinrich
Julius wieder verloren. Das ‚Mittlere Haus‘ starb 1634 aus. Sein Erbe traten
die Lüneburger an. Wolfenbüttel besetzten sie mit Herzog August dem Jün-
geren von Dannenberg. Dessen Neffen, die Söhne Herzog Georgs von Lüne-
burg-Celle, bekamen auch Göttingen-Calenberg. Der Westfälische Friede
bescherte ihnen zusätzlich – im Wechsel mit einem katholischen Kirchen-
fürsten – das Bistum Osnabrück.
Georgs jüngster Sohn Ernst August heiratete Sophie von der Pfalz. Er wur-
de erst Bischof von Osnabrück, dann Herzog von Calenberg. Zusätzlich si-
cherte er sich das Erbe seines Bruder, Georg Wilhelm von Lüneburg-Celle.
Als Herzog von Hannover erwarb er die achte Kurwürde. Seine Ehefrau
Sophie wurde als letzte protestantische Nachfahrin der englischen Stuart-
könige britische Thronerbin, beider Sohn, Kurfürst Georg Ludwig, 1714 Kö-
nig Georg I. von England.
In Wolfenbüttel missgönnte der ehrgeizige und vielseitig begabte Herzog
Anton Ulrich seinen Hannoveraner Verwandten sowohl den Gewinn von
Lüneburg-Celle, als auch den Kurhut. Er scheute kein Mittel, den Vettern
das eine wie das andere streitig zu machen.
Beiden Herren zu dienen, trachtete der schon zu Lebzeiten berühmte Philo-
soph, Jurist, Historiker und Naturwissenschaftler Gottfried Wilhelm Leib-
niz.
Die Verschiebung der Machtverhältnisse im Herzogtum und der Hader un-
ter den Welfenfürsten fielen in die vom ‚Sonnenkönig‘ – Ludwig XIV. von
Frankreich – geprägte Epoche des so genannten Absolutismus.
Sang- und klanglos endete die politische Mitbestimmung der Stände. Aus
dem Herzog als primus inter pares war der allein bestimmende Dienstherr
von Adel und Geistlichkeit geworden. Die Städte büßten ihre Eigenständig-
keit ein.