Seite 38 - BS_Biographisches_Lexikon

Basic HTML-Version

für das durch die Reformation angeregte Laien-
theologentum, das im ausgehenden 16. Jh.
Hochkonjunktur hatte, danach allerdings
schnell der theologischen Professionalisierung
zum Opfer fiel.
Nach dem Studium war er zwei Jahre lang in
der Brandenburger Neustadt als Kantor und
anschließend als Schreib- und Rechenlehrer in
Helmstedt tätig. Ab 1575 diente A. als Kantor
und Bassist sowie als Kanzleischreiber am Wol-
fenbütteler Hof. 1578 heiratete er die Tochter
des Brsger Organisten Thomas Kelner. A. wurde
1580 durch den Vizerektor der Helmstedter
Universität zum Notar ernannt und 1581 durch
Hzg
Julius zu Brsg-Lbg zum Fiskal bestallt.
1582 hatte A. zusammen mit dem Bauschreiber
Paul Francke, dem Hofrat Abel Ruck und dem
Görlitzer Formschneider
Georg Scharffenberg
ein prachtvolles großformatiges bebildertes
Stammtafelwerk über das Welfenhaus anzufer-
tigen, von dem zwei Exemplare heute überlie-
fert sind (HAB Graph. A4:18, 19; StA Wf 26 Slg
253 R). 1583 nahm A. an den Beratungen über
die Konkordienformel während des Quedlin-
burger Kolloquiums teil. Auch hatte er sich den
Kommissachen zu widmen und wurde mit Auf-
gaben der Landesprospektion sowie der Landes-
vermessung betraut, die ihren Niederschlag in
der Beschreibung des Amtes Wolfenbüttel von
1584 und in seinem Gutachten über die Lage
der bäuerlichen Bevölkerung im Amt Wolfen-
büttel fanden. Nach dem Regierungsantritt des
Hzgs
Heinrich Julius zu Brsg-Lbg fiel A. zeit-
weilig in Ungnade und bat 1590 um Abschied
aus hzgl. Diensten. A. lebte bis zu seinem Tode
1613 in Wolfenbüttel und wurde auf dem Hein-
richstädter Kirchhof beigesetzt. In den Jahren
nach 1590 hatte A., der zeitweilig auch wieder
zu hzgl. Kommissionen herangezogen wurde,
neben Gelegenheitsdichtungen mehrere kir-
chenmusikalische und historiographische
Schriften verfasst, von denen vor allem die
Lebensbeschreibung des Hzgs Julius dessen
Bild in Öffentlichkeit und Geschichtsschrei-
bung nachhaltig prägte.
W: Ephemeris, Hymnorum ecclesiasticorum ex Patri-
bus selecta, 1596; F. K. von Strombeck, Leben des
Hzgs Julius zu Brsg u. Lbg., in: F. Algermann, Feier
des Gedächtnisses der vormahligen Hochschule Julia
Carolina zu Helmstedt, 1822, S. 163-248. – L: ADB 1,
S. 340f.; Jöcher 1, Sp. 590 f. (Schriftenverzeichnis);
Pitz, S, 85-89; I. Mager, Gott „ohne vnterlaß frü vnd
spat rühmen loben vnd preisen”. Ein evangelisches
Hymnar von Fr. Algermann aus dem Jahre 1596, in:
H.-Ch. Drömann, Hrsg., Ein Tag in deinen Vorhöfen.
Festschrift zum 100. Geburtstag von Christhard Mah-
renholz am 11. August 2000. o.J., S. 77-90; C. Lippelt,
„Etzliche ursachen des verderbens der armen leute
im ambt Wulffenbuttel“, in: BsJb, Bd 84, 2003, S. 63-
81; Ders., „Gutte fromme Oberherrn …“ = Bemer-
kungen zum Porträt-Stammbaum des Hauses Brsg-
Lbg von 1584, in: Heimatbuch des Landkreises Wol-
fenbüttel, 52. Jg, 2006, S. 11-17.
C. Lippelt
Algermissen,
Reimbertus (auch Rembertus
Remberti, Reinbertus Reinberti alias Algermis-
sen)
* ca 1476 Brsg † ca 1553 Erfurt, Jurist, Universi-
tätsrektor, Kanoniker.
Wie viele der Brsger Bürgersöhne zog es A.
an die durch ihre moderne Lehrmeinung
bekannte Universität in Erfurt. Er wurde zum
Winterrektorat des Nicolaus Lörer 1493 an der
philosophischen Fakultät bei Entrichtung der
vollen Inskriptionsgebühr intituliert. Mit dem
üblichen zweijährigen Studium promovierte
ihn die artistische Fakultät im Herbst 1495 zum
baccalaureus und nach erfolgreichemAbschluss
der septem artes liberales 1500 zum magister
artium. Da A. alle akademischen Vorausset-
zungen erfüllte, wechselte er anschließend in
die juristische Fakultät über. Hier hörte er bis
1509 Vorlesungen von Henning Göde, dem
„König der Juristen“. Ungewöhnlich spät, im
Jahr 1520, wurde A. zum Lizentiaten beider
Rechte promoviert. Er gehörte zu den profilier-
testen Juristen, sein Rat war im Generalkonzil
der Universität im März 1521 in einer strittigen
Angelegenheit gefragt. Den Höhepunkt seiner
akademischen Laufbahn stellte die Wahl zum
Rektor der Universität für das Winterhalbjahr
1523 dar. Dieses Amt übte er bis Michaelis 1525
aus. Das schmuckvoll gestaltete Rektoratsblatt
zeigt eine Kreuzigungsszene, darunter in
blauem Schild eine schrägrechte silberne Pflug-
schar, oben links und unten rechts begleitet von
einer roten Rose mit goldenen Butzen und gol-
denen Kelchblättern. Auf der rechten Seite des
Wappens kniet im Vordergrund der Rektor in
Chorkleidung.
A. war spätestens seit 1521 Kanoniker an der
Stiftskirche St. Marien in Erfurt. Wegen eines
Pfründenstreites mußte er sich 1530 mit zwei
weiteren Kanonikern vor dem Notar Jodukus
Hoetscher verantworten. Im Jahr 1538 trat A.