Seite 20 - Der_unendliche_Faden

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Von den ehemals außerhalb der Klausur gelegenen Kloster-
und Nebengebäuden sind heute nur noch zwei dem West-
flügel benachbarte Fachwerkgebäude am ehemaligen
Kloster­vorhof erhalten: das neue Propsteigebäude, Kloster­
straße 11 (Abb. 4), nach inschriftlicher Überlieferung im
Jahre 1703
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durch den damaligen Propst Hermann von
der Hardt (1660–1740) erbaut, und südlich davon das im
Jahre 1902 zu einem eingeschossigen Fachwerkbau mit
vorkragendem Drempelgeschoss und Backsteinausfach­
ungen im Zierverband wohl weitgehend neu aufgeführte
ehemalige Pförtnerhaus, Klosterstraße 12. Letzteres war
ursprünglich zweigeschossig und mit einem sogenannten
Hochrähm und durchgezapften Ankerbalken verzimmert.
Einzelne Gefügeteile, wie zum Beispiel die Oberstockwerk-
schwelle mit dem zeittypischen Treppenfries und der in-
schriftlichen Datierung 1498 oder auch die sogenannten
Kerbschnittknaggen unter dem Geschossüberhang in dem
Neubau von 1902 sind als Spolien wiederverwendet worden
(Abb. 5 u. 5a).
Die beiden vorgenannten Klostergebäude könnten mit ihren
inschriftlichen Datierungen jeweils auch auf weitere, etwa
zeitgleiche Neubauten oder Umbaumaßnahmen im übrigen
Klosterareal hinweisen. So wurde nach P.J. Meier
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im Jahre
1495 durch Propst Sander auch die „alte Propstei“ erbaut,
also relativ zeitnah mit dem vorgenannten Pförtner­haus. Ob
sich die alte Propstei anstelle des 1703 durch Hermann
von der Hardt neu errichteten ­Gebäudes befand, ist bis-
lang nicht belegt, aber durchaus möglich.
Zur baulichen Entwicklung der Konventsgebäude
Das als Augustiner-Chorfrauenstift auf einem Hügel west-
lich vor der mittelalterlichen Stadtbefestigung Helmstedts
(Abb. 6), nahe dem späteren Braunschweiger Tor errichtete
Kloster St. Marienberg wurde unter Abt Wolfram von ­Werden
und Helmstedt nach derzeitigem Forschungsstand im Jahre
1176 gestiftet. Vermutlich wurde es jedoch erst im Jahre
1181 durch die ersten Nonnen besiedelt (s. a Beitrag von
Horst-Rüdiger Jarck, Seite 11). In der Beschreibung zur
­vermeintlich ältesten derzeit bekannten Darstellung des
Klosters auf der Stadtansicht Helmstedts in der Topographia
Germaniae des Matthias Merian aus dem Jahre 1654
heißt es dazu:
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„Auf der anderen Seiten / nach dem Westen / ist auff
einem luftigen Berge / im Jahr Christi 1181. von dem
Herrn Abt Wolffrahm / zu Wehrden und Helmstedt / ein
Abb. 4:
Der 1703 errichtete
Fachwerkneubau der Propstei
von Südosten
.
Abb. 5
Blick von Nordosten
auf das 1902 unter Einkür-
zung des Obergeschosses
neu aufgebaute Pförtnerhaus
mit süd- und ostseitigem Trep-
penfries und inschriftlicher
Datierung 1498 in der Süd­
fassade.
Abb. 5a
Das Pförtnerhaus
Detail Oberstockschwelle mit
Treppenfries der Südfassade.