103
Augustiner-Chorfrauen
Bis heute gibt es kein vollständiges Übersichtswerk über
die vielen Frauen, deren Lebenswege durch das Kloster St.
Marienberg in Helmstedt geprägt wurden. Zunächst waren
es Nonnen, die in dem um 1176 gegründeten Augustiner-
Chorfrauenstift „Unserer lieben Frauen am Berge“ Aufnahme
fanden und dort ein klösterliches Leben führten. Von vielen
dieser Frauen sind zwar in den Quellen Spuren zu finden, so
sind vor allem die Namen der Priorinnen, Unterpriorinnen,
der Konventualinnen und anderer Funktionsträgerinnen
des Konventes bekannt.
1
Genauere biografische Angaben
zu Herkunft und Lebensgeschichte der einzelnen Frauen
sind jedoch schwer zu ermitteln. Wir wissen nur, dass sie wie
viele andere Nonnen aus den benachbarten niedersäch-
sischen Klöstern der mittelalterlichen Zeit zum Schmuck
ihrer Kirchen und Klöster beitrugen, indem sie stickten und
webten. In Bildteppichen veranschaulichten sie beispiels-
weise die Leidensgeschichte von Jesus und seiner Mutter
Maria oder Legenden späterer Heiligen, wie Elisabeth von
Thüringen. Wenigstens zwei der Marienberger Chorfrauen
aber wollten aus dieser Anonymität heraustreten und sig
nierten ihr Werk (Abb. 1 u. 2).
Protestantische Konventualinnen
Während die vorreformatorische Zeit vergleichsweise gut
aufgearbeitet ist, sind die Lebensumstände der Konven
tualinnen und ihrer Dominae in den Jahrhunderten nach
der Reformation noch nicht im Einzelnen nachvollziehbar.
2
Nach langwierigen Verhandlungen wurde das Kloster
1569 unter der Priorin Sophia von Wenden (1496–1572),
Amtszeit 1546–1572, durch Herzog Julius von Braun-
schweig (1568–1589) in ein protestantisches Jungfrauen
kloster umgewandelt. Damit erlitt das Kloster dasselbe
Schicksal, wie viele andere Frauenklöster Niedersachsens,
Westfalens, des Rheinlandes oder Schleswig und Holsteins.
Die protestantischen Klöster wurden zwar weiter von einem
Frauenkonvent bewohnt und bewirtschaftet, aber die
Lebensbedingungen im Kloster hatten sich geändert. Nun
waren die Konventualinnen nicht mehr an strenge Ordens-
regeln und ein weltabgewandtes, zurückgezogenes Leben
im Kloster mit regelmäßigen Gebetszeiten gebunden. Sie
waren auch nicht mehr dem Bischof von Halberstadt unter
geordnet, sondern unterstanden dem Braunschweigischen
Landesfürsten. Jetzt standen die Klostertüren unverheira-
teten protestantischen Frauen der höheren Stände offen,
Kloster verpflichtet?
Domina Charlotte von Veltheim 1832–1911
Ursula Röper
Abb. 1 und 2
Signaturen
der Chorfrauen
.
Charlotte von Veltheim im
Kreis von Schülerinnen
, Aus-
schnitt, Fotografie um 1900.