Seite 40 - Der_unendliche_Faden

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die durch die herzogliche Berufung in das Amt einer Kon-
ventualin ihre finanzielle Versorgung fanden. Sie sollten –
so die „Regulen des Jungfräulichen Closters zu Marienberg
vor Helmstedt“ von 1701 – für den Landesherrn beten, den
Gottesdienst und ihre Klosterstunden regel­mäßig halten,
durften Kinder von Angehörigen bei sich aufnehmen und
diese unterrichten und sollten anstelle von Müßiggang
ihre jungfräulichen Handarbeiten mit Fleiß erledigen
(Abb. 3). Obwohl sie grundsätzlich dazu verpflichtet
­waren, ihren Wohnsitz im Kloster zu nehmen und sich
nicht ohne Erlaubnis zu entfernen, so konnten sie doch auf
Antrag bei ihren Familien wohnen und erhielten trotzdem
ihre Präbende.
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Ein solches Leben schien vielen unverhei-
rateten Frauen im 17. und 18. Jahrhundert erstrebenswert
und so finden sich in den Quellentexten zum Kloster St.
Marienberg viele Bewerbungsschreiben. Diese Schreiben
geben uns heute zugleich eine gute Übersicht über die
­Lebensbedingungen von Frauen der Region im 17. und 18.
Jahrhundert.
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Es war üblich in den traditionsreichen Familien jener Jahr-
hunderte, dass der erstgeborene Sohn das Familienerbe
antrat, die anderen Söhne Ausbildungen erhielten, die sie
befähigten, dem Herzog, dem Militär oder der Kirche zu
dienen. Die Töchter wiederum sollten standesgemäß ver-
heiratet werden. Diejenigen Töchter aber, die ledig blieben,
sollten wenigstens durch eine Stiftsstelle versorgt werden.
Töchter der unterschiedlichsten Familien der Region wurden
je nach finanzieller Bedürftigkeit in den Konvent des
Helmstedter Klosters aufgenommen und Frauen aus diesem
Kreis vom Herzog zur Domina berufen.
Familie von Veltheim und das Kloster St. Marienberg
1754 sollte sich das ändern, denn die Familie von Veltheim
schloss mit Herzog Carl I. zu Braunschweig-Wolfenbüttel
(1713–1780) einen Vertrag, der bis in unsere heutige Zeit
hinein fortwirkt. Dieser Tauschvertrag – Permutationsrezess
genannt – sah vor, die Anteile der von Veltheimschen
­Familie am braunschweigischen Johannishof (Abb. 4),
­einer Johannitergründung aus der Zeit Heinrichs des
­Löwen um 1173, gegen die Dominastelle des Klosters in
St. Marienberg zu tauschen.
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Die von Veltheimsche Familie
hatte am Johannishof Anrechte durch ein Testament Ilsa
von Salderns aus dem Jahre 1606. Mit den Jahrzehnten
waren jedoch die Gebäude verfallen und die Kosten für
die Unterhaltung der Häuser überstiegen die Rentabilität,
Abb. 3
Die Closter-Regeln für
die ins Closter sich begebenen
Conventualinnen
, Helmstedt,
1725.