Seite 115 - Fallersleben

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Vom Kriegsende ins Wirtschaftswunder
übergeordneten Behörden in Gifhorn waren bereits seit
Anfang April tot.
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Aus Angst vor Plünderungen hielten
die Geschäftsleute ihre Läden in den ersten Tagen nach
dem amerikanischen Einmarsch geschlossen, die Be­
völkerung blieb abwartend in ihren Häusern,
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bis
Mitte Mai waren die Handwerksbetriebe und einige
Amtsstellen stillgelegt.
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Zugleich deuteten sich chao­
tische Verhältnisse an. Der Verkehr auf den Schienen
und auf dem Kanal kam völlig zum Erliegen. Auf dem
Bahnhof und im Hafen stauten sich Güterzüge und
Frachtschiffe, deren Fahrten der Einmarsch der Allier­
ten gestoppt hatte und deren tonnenschwere Ladungen
von Lebensmitteln und Alltagsgütern bereits vor der
Besatzung begehrtes Ziel einheimischer und auswär­
tiger Plünderer geworden war.
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Zweimal kam es in den ersten Tagen der Besatzung
zu kritischen Situationen. Als wenige Nächte nach dem
Einmarsch Schüsse gefallen waren, deren Verursacher
nicht ermittelt werden konnten, drohten die Besatzer,
die Bebauung der Braunschweiger Straße niederzu­
legen, falls dieses ein weiteres Mal vorkäme. Weitaus
bedrohlicher war die Nacht zum 21. April. In unmittel­
barer Nähe Fallerslebens versuchte eine Einheit der
deutschen Wehrmacht, zu einem größeren Truppen­
verband in Richtung Harz vorzustoßen. Deutsche und
Amerikaner lieferten sich einen heftigen Kampf, der
auch in den Straßen der kleinen Stadt ausgetragen
wurde. Nicht nur Soldaten fanden dabei den Tod; Quer­
schläger töteten und verletzten auch einige Fallersleber
Einwohner.
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Ab Ende Mai installierten die Briten gemäß den
alliierten Absprachen ihre Militärregierung in ihrer Be­
satzungszone, die die frühere Provinz Hannover und
damit auch Fallersleben umfasste. Ihr Ziel war, das all­
tägliche Leben in dem vom Krieg gebeutelten Land
wieder in geregelte Bahnen zurückzuführen, vor allem
aber systematisch eine stabile Demokratie aufzu­
bauen.
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Mehr als hundert britische Militärangehörige
lösten die amerikanischen Besatzer ab und nahmen
Quartier in der ehemaligen Kaserne des national­
sozialistischen Reichsarbeitsdienstes (RAD) und in
etlichen Häusern der Innenstadt. Wieder mussten die
Betroffenen zu Verwandten und Bekannten ziehen.
„Wertvolle Schmucksachen und Kleider können mit­
genommen werden. Die Bettgestelle und Matratzen
müssen auf jeden Fall zurückbleiben. Die Garten­
arbeiten und Viehfütterung laufen weiter wie bisher.
Die Wohnungen dürfen nur mit vorheriger Zustimmung
des zuständigen Offiziers betreten werden“, gab der
Bürgermeister die britischen Anweisungen weiter. Der
Ratskeller wurde zur „Messe für Sergeanten und 50
Mann“, das Lehrerhaus Hinterm Hagen zur Offiziers­
messe.
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Hatten die amerikanischen Besatzer sich noch ziem­
lich streng an das Fraternisierungsverbot gehalten und
den Kontakt zu den Deutschen auf das Allernot­
wendigste beschränkt (meistens – mindestens ein Ame­
ri­kaner ließ bei dem Abzug eine schwangere Fallers­
leberin zurück
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), lockerten die britischen Besatzer die
Distanz zu den Einheimischen. Obwohl sie sich äußerst
korrekt verhielten, blieb bei einigen zunächst „eine ge­
wisse Angst (…), unsicher war man“, so Marlies Heine.
Bald lösten sich die Berührungsängste auf beiden
Seiten. Manche junge Frauen „hatten gleich ein Techtel­
mechtel, die sind auch zum Tanzen gegangen.“ Werner
Appe und andere männliche Jugendliche hackten auf
dem Hof der ehemaligen RAD-Kaserne, dem britischen
Hauptquartier, Holz und erhielten im Gegenzug ein
warmes Mittagessen. „Das war hochwillkommen, es
gab ja nicht viel.“
Durch ein gemeinsames Hobby, das Briefmarken­
sammeln, schlossen er und ein Freund sogar engeren
Kontakt mit einem britischen Sergeanten, der auch
über die Besatzungszeit hinaus noch anhielt. Auch in
der Verwaltung entwickelten beide Seiten durch ihre
intensive Zusammenarbeit in der Regel gegenseitigen
Respekt.
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Als die Militärregierung ab Ende 1945
schrittweise ihren in Deutschland stationierten Ver­
waltungsapparat verkleinerte, zog sie auch alle Männer
aus Fallersleben ab.
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1950 vertrat schließlich nur noch
ein in Gifhorn stationierter Residenz-Offizier die
Interessen der Alliierten.
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