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1.000 Jahre Forstgeschichte
stammende Wehrkirche St. Annen, in Wolfsburg auf
einer kleinen Anhöhe gelegen, gehörten zu der Be-
festigungskette an der Aller. Die erste urkundliche Er-
wähnung von Stellfelde stammt aus dem Jahr 1309, wo
Herzog Heinrich von Braunschweig-Grubenhagen unter
anderem Stellfelde und den Hasenwinkel an Herzog
Otto von Braunschweig-Lüneburg abtreten musste. Die
genaue Lage der aus der Karolingerzeit stammenden
Burg können wir aus einer Grenzkarte der Ämter Fallers-
leben und Wolfsburg aus dem Jahre 1737 entnehmen.
Die Burg lag ungefähr 300 Meter nördlich des alten
Forsthauses. Südlich davon gab es eine Burgschließer-
wiese. Die Landstraße von Fallersleben nach Wey-
hausen führte damals noch über das Grundstück des
Forsthauses, den Ferthgraben (heute Försterwasser)
und die alte Burgstelle. Erst 1864 wurde die Straße
wegen der schwierigen Unterhaltung des Dammes im
Sumpfgebiet der Aller weiter nach Osten auf höheres
Gelände verlegt.
Leider wurden damals die Reste der alten Be-
festigungsanlage eingeebnet und vernichtet.
Die Funktion von Stellfelde lässt sich bis in die Zeit
der Karolinger zurückverfolgen. Deren Könige be-
trauten im eroberten Sachsenland die Magister foresta
riorum (Forstmeister) und die forestarii (Waldhüter /
Holzknechte) mit der Verwaltung ihrer Königsgüter.
Die Amtsinhaber waren in ihrem Handeln unmittelbar
dem König verantwortlich. Über lange Zeit war dem
Forstmeister auch die Gerichtsbarkeit übertragen. Die
Gerichtsstätte des königlichen Forsthofes ist noch heute
sichtbar.
Knapp drei Kilometer nordwestlich Stellfelde erhebt
sich aus der Allerniederung eine Düne, heute der
Grifflohberg genannt. Der im Laufe der Zeit veränderte
Name verrät uns die alte Dingstätte des Gerichts Gre
venlah, neben dem Hasenwinkel eine der beiden Go
grafschaften im Amte Fallersleben. Die Gerichtsstätte
war über den „Alten Weyhäuser Stieg“ direkt mit dem
Forsthof verbunden. Stellfelde repräsentierte seit dem
frühen Mittelalter also nicht nur den Sitz des könig-
lichen Verwalters, sondern auch den des Richters. Nach
einer Urkunde aus dem Jahre 1337 verkauften die
Grafen von Woldenberg das Dorf Fallersleben und den
Stuhl zu Grevenlah mit allen dazugehörigen Dörfern
an die Herzöge Otto und Wilhelm von Braunschweig-
Lüneburg. Zu Grevenlah gehörten Fallersleben, Stell-
felde, Sandkamp, Hattorf, Mörse, Ehmen, Sülfeld,
Rothehof, Barnstorf und Waldhof. Mit der Geldknapp-
heit der Könige und der wachsenden Bedeutung des
Wirtschaftsgutes Holz ging das Interesse der Landes-
herren und des örtlichen Adels über das Jagdrecht in
den Wäldern weit hinaus. Die Bevölkerung verlangte
nach Heizmaterial und Bauholz, das Handwerk nach
Brennholz für Glasbläser, Ziegelbrenner, Kalkbrenner,
Teersieder, Töpfer und Brauer. Für die Erzeugung von
zehn Fass Bier wurden drei Klafter Brennholz (über
zehn cbm) benötigt.
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So stritt sich auch die Herzogin Clara von ihrem
Witwensitz im Schloss Fallersleben aus mit dem Neffen
ihres Mannes, Herzog Franz Otto, intensiv über die
Nutzungsrechte im Barnbruch. Die Witwe des Herzogs
Franz von Braunschweig-Lüneburg beanspruchte unter
anderem die Holz- und Weidenutzung im Barnbruch
als Teil ihres Leibgedinges.
Nach jahrelangem Streit wird schließlich in einem
Vergleich, der als Urkunde erhalten ist, festgelegt:
– die Herzogin enthält sich der Jagd im Barnbruch,
erhält aber von den Lüneburger Fürsten nach Be-
darf Rehe und Wildschweine,
– die Herzogin verzichtet auf das Recht der Viehmast
im Barnbruch und das dafür zu erhebende Fehngeld.
Sie darf aber weiterhin ihre eigenen Kühe und
Schweine in den Barnbruch eintreiben,
– der Herzogin steht das Recht zu, im Barnbruch
Weichholz zu schlagen. Im Gegenzug verzichtet sie
auf das (Holz-) Gericht,
– die Einnahmen aus Pfändungs-, Rüge-, und Straf-
geldern bei Verstößen gegen die Holzordnung
stehen dem Hause Gifhorn zu.
Die Bedeutung des Weichholzes war für die Herzogin
groß. Weide wurde zur Befestigung der Dämme und
Wege in Form von Faschinen ebenso benötigt wie für