Berthold Heilig ging dann nach einer kaufmännischen Lehre in Bad
Hersfeld gegen den Willen des Vaters als hauptamtlicher Ausbilder
zur Hitler-Jugend (HJ). Hier blühte er auf. Mit Begeisterung erzog er
seine Schützlinge zum Marschieren, zum Singen, zum Krieg und
vergiftete damit die Seelen seiner minderjährigen Gefolgschaft. „Wir
sind zum Sterben für Deutschland geboren“, hämmerte er der jun-
gen Generation ein und schwor sie auf die Ideen einer irrationalen
Weltanschauung ein, zu der er allerdings selbst – ganz jung – ver-
führt worden war.
Nach diesen Jahren von Gehirnwäsche, Schliff und Drill gehörte
Heilig 1936 bis 1941 als Nachwuchsführer – eingeschworen auf den
Wahn des Übervaters Hitler – zum Stab „Stellvertreter des Führers“
in München.
(7)
Diese Dienststelle, die Adolf Hitler seinem Stellver-
treter Rudolf Hess anvertraut hatte, war deshalb von Bedeutung,
weil sie unter anderem bei der Ernennung aller höheren Beamten
im Reich mitwirkte und Stellenbesetzungen rein nach politischen
Gesichtspunkten vornehmen konnte. Gleichzeitig wurden dort
junge, als talentiert geltende Nachwuchskräfte wie eben Berthold
Heilig für höhere Aufgaben geschult.
Man darf davon ausgehen, dass diese aus München kommenden
Männer besonders kompromisslose Nationalsozialisten waren. Zu
der Zeit, als Heilig dort diente, umfasste der „Stab“ etwa 100 Män-
ner. Sie stellten den Omnipotenzanspruch der Partei nie in Frage,
galten als eine Art politische Garde. Rudolf Hess und sein damaliger
Stellvertreter Martin Bormann wandten sich auch jedem einzelnen
von ihnen gezielt zu.
Der als fanatisch und radikal geltende Parteiaktivist Heilig „bewähr-
te sich“ – wie das damals hieß – 1940 im Frankreichfeldzug und
dann 1941/42 an der Ostfront in Russland. Am 3. Juli 1942 erhielt er
das Eiserne Kreuz erster Klasse (EK1), weil er – wie es in der
14
II. Kapitel