‘Zu deiner Beruhigung, Heinze, besitze ich eine Abschrift. Der Ehevertrag
wurde von deinem Vater mit Herzog Ulrich von Württemberg abgeschlossen.
Vereinbart wird deine Vermählung mit Maria, Tochter des seligen Grafen
Heinrich von Württemberg. Äußerst wichtig ist dabei die Klausel, in der dein
Vater zu besorgen zusagt: nach seinem Tod solle das Fürstentum Braun-
schweig-Wolfenbüttel an seinen Sohn, Heinrich den Jüngeren fallen. Item, falls
dieser vor seinem Vater stürbe, an den ältesten Sohn aus dessen Ehe mit besag-
ter Maria – –‘
‘– – wogegen Ulrich 32.000 Gulden seiner Schwester zur Mitgift gibt,’ setzt
Heinrich schmunzelnd hinzu, ‘davon 13.000 beim Eheschluss und weitere
3.000 Gulden jährlich, bis die Schuld bezahlt ist, et cetera, et cetera. Wäre es
nicht an der Zeit, dass ich meine Braut heimhole, auf dass rasch der Vertrag
erfüllt wird? Ich brenne darauf, so wahr ich Maria zu meiner Frau nehmen
will. Ich liebe sie und mein Fürstentum braucht Erben.’
‘Aha,’ denkt Erich von Calenberg, ‘da haben wir ihn endlich! – Nun wird er
wohl auch eine bittere Frucht schlucken. Mut muss man ihm nicht machen.
Den hat er.’
‘Recht so, Heinze! Doch sollten wir Welfen hier in Friesland weiter kämpfen.
Für Kaiser und Reich, wie zum eigenen Vorteil. Hernach reite nur unverdros-
sen, die Feder des Kriegsruhms an deinem Hut, nach Mömpelgard, Stuttgart,
Urach oder wo immer Ulrich gerade Hof hält. Wolfenbüttel kann warten. Das
Land kommt auch jetzt schon ohne seine Herzöge aus. Die Mitgift in Händen,
wirst du bei den Braunschweiger Pfeffersäcken leichteres Spiel haben. Du
magst es nicht wissen, aber dein Vater hat trotz aller Sparsamkeit auf die ererb-
ten Rückstände von 86.000 Gulden noch einiges drauf gesetzt. Er hinterlässt
eine ganz hübsche Summe an verbrieften Schulden. Wohl an die – hm –
200.000 mögen es sein. Wenngleich – –‘
‘– – das kann euer Ernst nicht sein, Oheim Erich!’ Heinrich schnellt hoch,
stapft wie ein Raubtier im Käfig von einer Wand zur anderen, zaust mit kralli-
gen Fingern seine lang gewachsene Mähne. ‘Potz Donner – wenn dem so ist,
werde ich mein Leben lang daran zu würgen haben!’
‘Fasse dich, Heinze. Du bist in guter Gesellschaft. Kaum ein Fürst im Heiligen
Römischen Reich, den nicht die gleichen Sorgen plagen. Wir werden schon
einen Ausweg finden. Gemeinsam sind wir stark! Komm jetzt! Es ist an der
Zeit, uns zu den Übrigen zu gesellen. Du wirst ihnen zeigen, dass mit Herzog
Heinrich dem Jüngeren nicht zu spaßen ist – ganz wie mit dem Älteren bis-
her!’
‘Einen Augenblick noch,’ lässt sich Christoph ein wenig zaghaft vernehmen,
‘nicht dass ich dir mit Geld unter die Arme greifen könnte, guter Heinze. Aber
der Schelm von einst ist gescheiter geworden. Die Bremischen Stiftsherren
ertragen ihn, weil er ihnen nicht unnötig widerspricht, gottloser Hurerei ent-
sagt und keine Unsummen verschwendet – wie Franz. Der acht geben muss,
dass zu Minden man ihn nicht zum Teufel jagt – der von Waldeck liegt schon
auf der Lauer. Die Verwandtschaft mit den norddeutschen Welfenfürsten
18
Zu Leer