allein bringt es nicht, wenn auch niemand solch nützliche Verbindung außer
acht lässt. Auf Bremen und Verden wirst du immer zählen können, solange dir
keine Absichten auf Plünderung unserer Schatztruhe unterstellt werden. Eine
Frage zuletzt: Was hast du mit dem Leichnam unseres Vaters vor? Vorsorglich
habe ich einen Zinnsarg kommen lassen. Das Fuhrwerk bleibt zur Verfügung.’
Heinrich macht sich mit einem Seufzer Luft. Geld ist nicht alles!
‘Wohl bedacht, Bruder! So können wir seine Gebeine daheim, in der Gruft zu
Gandersheim bestatten.’
‘Wäre eine feierliche Beisetzung in Braunschweig nicht klüger?’ gibt Erich von
Calenberg zu bedenken, ‘das würde die Pfeffersäcke dort milde stimmen.’
‘Kein übler Gedanke, Oheim,’ pflichtet Christoph bei, ‘Konrad von Steinberg
könnte das besorgen. Wie er mir unterwegs anvertraute, ist er unserer Familie
mehr in Treue ergeben, denn seinem Hildesheimer Lehnsherrn, durch dessen
Gebiet der Weg führt – –‘
‘Erinnert mich nicht an Hildesheim!’ schnaubt Heinrich. ‘Ein böses Geschwür
inmitten meiner Territorien – dieses verfluchte Hochstift mit seinem habgieri-
gen Bischof, dem prunksüchtigen Dickwanst Johann von Sachsen-Lauenburg.
Wer möchte schon dessen Lehnsmann sein! Aber mein Konrad wird es richten,
Vaters Gebeine unbeschadet nach Braunschweig zu karren! Ich werde folgen,
dann gleich weiterreiten nach Württemberg. So sei es denn:
Meine Zeit mit
Unruhe
– das werde ich mir wohl zur Losung machen!’
Als die drei nächsten Hinterbliebenen des toten Herzogs von Wolfenbüttel um
die sechste Abendstunde das Stadthaus von Leer betreten, ist draußen noch
heller Tag. Aber durch die Butzenscheiben der Ratsstube fällt nur karges Licht
auf die schon anwesenden Fürsten und Grafen.
Oheim und Bruder lassen Heinrich den Vortritt. Alle Umstehenden um Haupt-
eslänge überragend, trägt der eine gleichgültige Miene zur Schau. Ein Haufen
müder Krieger, vermerkt er. Dennoch gelingt ihm ein verbindliches Lächeln in
die Runde. Man lupft die Hüte, nimmt Platz auf den Wandbänken. Der Graf
von Oldenburg räuspert sich, ergreift das Wort:
‘Seine Durchlaucht Herzog Heinrich der Ältere von Braunschweig ist von uns
gegangen. So frage ich euch in geziemendem Andenken, wer soll nunmehr
seine Stelle einnehmen?’
‘Mich dünkt,’ übertönt Heinrich der Jüngere das allgemeine Raunen, ‘dass wir
unter dem Oberbefehl Seiner Durchlaucht, Herzog Georg von Sachsen stehen.
Der kämpft gegen den gemeinsamen Feind im Groninger Land, nicht allzu
weit westlich von hier. Worauf warten wir noch, ihm unser Heer alsbald zuzu-
führen – dieweil unter deinem Kommando, Gevatter Johann?’
Der Oldenburger ist es zufrieden, nickt bedächtig, schaut Beifall heischend in
die Runde. Nur einer erhebt die Stimme: ‘Trefflich gebrüllt, junger Löwe! Wie
ich mit Genugtuung vernehme, stehst du deinem seligen Vater nicht nach an
Weitblick. Ich stimme zu. Umso mehr, als mich selbst dringende Geschäfte zur
sofortigen Heimkehr nach Lüneburg zwingen.’
19
24. Juni 1514