Seite 25 - Herzog_Heinrich

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IV
Heimkehr nach Wolfenbüttel –
Anfang September 1514
Heinrich braucht nicht lange, um welfisches Gebiet zu erreichen. Über ver-
dische Felder führt sein Weg, die Aller, dann die Leine hinauf. In seiner Beglei-
tung reiten etliche der Edelleute heim, die Heinrich der Ältere für den friesi-
schen Feldzug aufgeboten hatte. Eine gute Gelegenheit, sich mit ihren Sorgen
und Nöten vertraut zu machen.
So mancher Spross ehrwürdiger Adelsgeschlechter bewahrt kaum noch mehr
als seinen Stolz auf die seit Jahrhunderten im Braunschweigischen verwurzelten
Ahnen. Durch ständige Erbteilungen zerstückelte Besitztümer, schon von den
Vätern an Städte, Klöster, Stifte verhökerte Fluren, verpfändete Dienstbarkeiten
schmälerten Besitz und Eigentum. Ein armseliges Dasein in verfallenen Burgen,
keinen Heller auf der hohen Kante – das klingt vertraut in seinen Ohren.
Heinrich dem Jüngeren liegen Würde und Bürde seiner fürstlichen Stellung im
Blut. Er muss sie nicht erst mühsam erlernen. Jeder der Junker hat Anspruch
auf Gehör beim neuen Landesherrn, kann ihm Vertrauen schenken, tröstlichen
Zuspruchs sicher sein. Er begütigt und beschwichtigt, stimmt ein in vielerlei
Klagen – zumal solche, die ihm über den Hildesheimer Bischof zugetragen
werden. Dieser eitle Prahlhans und Halsabschneider! Dem muss man die Stirn
bieten, sich von keinem seiner Pfaffen und Handlanger zum Narren halten las-
sen. Geld und Geduld? Nein, beides hat Heinrich selber nicht. Wohl aber jede
Menge Mut und eine gehörige Portion Starrsinn. Man muss einen Ausweg fin-
den – welchen, weiß er auch noch nicht.
Im Sattel bei Hitze, Donner, Hagelschlag oder zum Nachtlager unter freien
Himmel – der Herzog ist beliebt bei seinen Kumpanen und mit ihnen lachen
kann er auch. Im Städtchen Hannover zum Beispiel – über das steife Gehabe
der dortigen Stadträte. Auch wenn Hannover zum Fürstentum Calenberg
zählt – der Herzog von Wolfenbüttel hat gleichermaßen Anspruch auf Huldi-
gung. Heinrich nimmt sie gnädig entgegen. Auch ein gutes Mahl verschmäht
er keinesfalls, saubere Betten für sich und seine Begleiter.
Am Stadttor von Sankt Aegidien nehmen die meisten der Ritter von ihm
Abschied. Verstreut über die liebliche Landschaft zwischen den Höhenzügen
von Deister und Harz liegen ihrer Väter Burgen und Besitztümer – oder was
davon übrig geblieben ist. Die Heimkehrer wird man herzlich willkommen
heißen, ihr Heldentum rühmen. Auch wenn sie nicht viel mit sich tragen an
klingender Münze – sie haben ihr Leben, sind unversehrt.
Unter den wenigen Adeligen, die mit ihrem Lehnsherrn weiter reiten, ist Hans
von Saldern. Sowohl im Herzogtum, wie im Stift Hildesheim verfügt er über
beträchtliche Ländereien.