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Reisen nach Württemberg –
November 1514 bis Mai 1515
Schließlich macht sich Heinrich auf den Weg nach
Süden. Es wäre schicklich gewesen, mit großem Gefolge
zum Gang an den Traualtar in Stuttgart anzurücken.
Aber dazu reicht das Geld nicht. Deswegen lässt er auch
Johann Peyn zurück, obwohl zur Ausfertigung von Ver-
trägen und Urkunden die Mitwirkung eines Kundigen
ratsam gewesen wäre. Doch Heinrich ist nicht gewillt,
von dem vorliegenden Ehevertrag auch nur einen Deut abzuweichen. Dazu
braucht er keinen Berater. Also reitet er allein, mit einer kleinen Schar von
Knappen und Knechten. Viel Gepäck braucht er nicht. Mit Handpferden zum
Wechseln kommt man am raschesten voran, wenn sie unbeladen bleiben.
Von Gandersheim kommend, erreicht er noch vor Sonnenuntergang Münden,
wo sich der Herzog von Calenberg inzwischen wieder aufhält. Seinem fürst-
lichen Rang durchaus angemessen, umfasst Erichs Hofhaltung 140 Personen
mit 126 Pferden. Heinrich neidet sie ihm nicht. Umso mehr genießt er, was ihm
die prachtvolle Mündener Residenz zu bieten hat – wenn auch nur für eine
Nacht.
Im neuen Saal des Schlosses bewundert er die hohen, nach oben bogenförmig
auslaufenden Fenster mit ihren zahllosen, in Blei gefassten Butzenscheiben;
die wundersamen Darstellungen auf den breitflächig gewebten flämischen
Wandbehängen, mit reichen Schnitzereien versehene Truhen und Bänke.
Woher der Oheim wohl das Geld nimmt, fragt er sich nur flüchtig. Es ist
bekannt, das Tante Katharina nicht unvermögend ist. Sie war in erster Ehe mit
dem österreichischen Erzherzog Sigismund verheiratet. Der soll ihr ein hüb-
sches Sümmchen hinterlassen haben. Auch verfügt sie über eigene Einkünfte
aus ihrer Leibzucht, dem Land zwischen Deister und Leine.
Erich selbst konnte zudem so manchen Gulden aus der kaiserlichen Schatulle
einstreichen. Über viele Jahre hatte er Maximilian treu gedient, dessen Trup-
pen in Kroatien gegen die Türken, in Italien gegen Venezianer und Franzosen
geführt. Ganz zu schweigen von dem Ereignis, über das er am liebsten redet.
In der Schlacht bei Regensburg, während des Bayerischen Erbfolgekrieges im
Jahr 1504, hatte er dem Kaiser durch sein beherztes Eintreten das Leben geret-
tet, als dessen Pferd strauchelte. Sichtbare Zeichen der kaiserlichen Dankbar-
keit, die damals erbeutete Fahne und eine Helmzier mit güldenem Stern,
schmücken die Stirnwand des Saales.
Im trauten Familienkreis, gewärmt vom prasselnden Kaminfeuer, die Becher
stets gefüllt mit köstlichem Einbecker Bier, lässt es sich gut miteinander reden.