Einmal nicht von Geld. Davon zu sprechen, vermeidet Herzog Erich geflissent-
lich. Im Gegensatz zu seinemmehr bodenständigen Bruder hatte er von jung auf
eine Erziehung in ritterlichen Idealen genossen, wie sie von Kaiser Maximilian
und bei Hofe anderer mächtiger Reichsfürsten noch gepflegt wurden. Nur
immer an seine Schulden erinnert zu werden, ist auch Heinrich lästig. Da hört er
schon lieber ein Lob aus dem Munde des Oheims. Das lässt auch nicht lange auf
sich warten: ‘Du hast dich erstaunlich schnell zu einem fähigen Regenten
gemausert – für deine fünfundzwanzig Jahre. Alle Achtung, mein lieber Junge!’
Doch gleich darauf raubt ihm die Frage nach dem Ergehen seines Bruders Wil-
helm den Frohsinn.
‘Das Arschloch!’ poltert er los. ‘Lungert im Hause herum. Verstellt mir den
Weg auf Schritt und Tritt. Lässt mich keinen Augenblick in Ruhe. Will immer
dabei sein, sich dicke tun vor jedem meiner Besucher. Schlimmer noch – mitre-
gieren will er, der missratene Dümmling, am besten gleichberechtigt!’
‘Haben wir ihn nicht an die Kette gelegt mit dem kürzlich geschlossenen Ver-
trag? Gut, er hat ein Anrecht auf Gehör. Aber keinerlei Machtbefugnisse. Die
liegen im Wolfenbütteler Teil unseres Landes ausschließlich bei dir, im Calen-
bergischen bei mir. Das Teilungsverbot regelt die gemeinsame Herrschaft wie
auch die Erbfolge – da hat Wilhelm zu deinen Lebzeiten nichts zu melden.
Und wenn du erst Söhne haben wirst – –‘
‘Potzdonner, Oheim! Der freche Wurm schielt auf Calenberg – nach eurem
Tod!’
Erich verliert nicht die Ruhe. Mit Blick auf seine Gemahlin lächelt er fein. Fürs-
tin Katharina hat, ganz gegen ihre Art, bisher schweigsam zugehört. Sie errötet
ein wenig, als Erich erwidert: ‘Zum Ersten bin ich erst vierundvierzig und
gedenke nicht, mich noch der Gefahr eines vorzeitigen Todes auszusetzen, wie
dein armer Vater. Überdies ist Katharina guter Hoffnung. Schenkt sie mir
einen Sohn, der überlebt, wird er einmal Herzog von Calenberg, mehr nicht.’
Heinrich stockt vor Schreck den Atem. Auch das noch!
‘Wir haben unsere Verträge und auf uns ist Verlass. Da kannst du ganz unbe-
sorgt sein, Neffe!’
Der schluckt seine Verblüffung herunter, lacht herzhaft, ‘meinen Glück-
wunsch, liebe Tante, starker Onkel!’
Sie lassen die Becher klingen. Die beiden Männer leeren sie auf einen Zug.
Katharina nippt nur an dem ihren.
‘Gemeinsam werden wir die Zukunft schon meistern – mit des Allmächtigen
Hilfe!’ flüstert mit leuchtenden Augen die Schwangere.
‘Möge der Herrgott uns zuvor auch beistehen in unserem Streit mit Hildes-
heim,’ fällt Heinrich dabei plötzlich ein. ‘Der ist wohl kaum noch zu vermei-
den. Die von Saldern haben Bischof Johann bereits den Fehdehandschuh vor
die bestickten Pantoffeln geworfen. Wenn wir uns des Stiftes bemächtigen
wollen, ist jetzt die Zeit gekommen. Der gesamte Adel ist auf unserer Seite. Da
dürfen wir nicht länger zusehen. Ohne das Stiftsgebiet ist unser Herzogtum
ein zerfledderter Lumpen. Erklären wir Johann den Streit und schlagen los,
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Reisen nach Württemberg