Seite 37 - Herzog_Heinrich

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VII
Die Hildesheimer Stiftsfehde – 1519
Im Januar 1519 platzt die Nachricht vom Tod des Kai-
sers Maximilian I. herein. Von Stund an überschattet
das Gerangel um seine Nachfolge im Reich die Zwistig-
keiten in norddeutschen Raum. Heinrich von Lüneburg
möchte den französischen König Franz I. auf dem deut-
schen Kaiserthron sehen, ehe er gegen Bischof Franz von
Minden losschlägt. Denn Franz I. ist ihm, neuerdings
Schwiegervater des Herzogs von Geldern, sehr günstig gesonnen. Dieser
erklärte Parteigänger Frankreichs und Feind des Habsburgers Karl ködert
deutsche Fürsten mit Bestechungsgeldern aus Paris, wenn sie sich nur für den
welschen Franz erklären.
In seiner Einfalt unterläuft dem Heideherzog ein kapitaler Schnitzer, der ihn
später teuer zu stehen kommen soll: Ausgerechnet seinen Wolfenbütteler Vetter
versucht er für ein Jahrgeld von 2.000 Gulden auf die Seite des Franzosen zu
locken. Jetzt hat Heinrich der Jüngere seinen Gegenspieler da, wo er ihn hin
haben wollte. Er beantwortet das Angebot gar nicht erst, sondern fertigt unver-
züglich einen Vertrauten mit dem verräterischen Schriftstück nach Barcelona ab,
König Karl von der Treue Wolfenbüttels zum Hause Habsburg zu vergewissern.
‘Eure Majestät kann auf mich zählen,’ schreibt er treuherzig nach Spanien.
Dennoch stehen im April 1519 die welfischen Fürsten in lebhaftem Briefwech-
sel. Einen Tag vor Ausstellung des Fehdebriefes an Franz von Minden wendet
sich der Lüneburger Herzog ein letztes Mal in versöhnlichem Ton an Heinrich
den Jüngeren, gibt aber zu, dass die Rüstungen des Bischofs von Hildesheim
auf seinen Bescheid hin erfolgt seien.
In allerletzter Stunde versuchen sowohl Herzog Georg von Sachsen wie der
sächsische Kurfürst Friedrich der Weise, bis zur Wahl eines neuen Kaisers
Vikar des Reiches, die drohende Fehde unter ihren westlichen Nachbarn zu
verhindern. Doch die Vorbereitungen sind schon zu weit gediehen, Heinrich
von Lüneburg und Johann von Hildesheim zum Krieg entschlossen. Heinrichs
des Jüngeren Rechnung scheint aufzugehen.
Der Lüneburger hatte ihm bisher verschwiegen, dass bereits im Februar von
ihm, Johann von Hildesheim, den Grafen von Schaumburg, Lippe, Diepholz
und Hoya entschieden worden war, die kaiserlose Zeit zu nutzen. Um Letare,
Anfang April, wollen sie mit 800 Berittenen und 5.000 Fußknechten vorerst nur
in Minden einfallen, Calenberger und Wolfenbütteler Gebiet erst später in den
bewaffneten Konflikt einbeziehen.
Kurz vor dem Osterfest treffen in Wolfenbüttel fast gleichzeitig vier Reiter ein.
Der erste kommt aus Celle, mit einem vom 18. April datierten Schreiben. Darin