Seite 46 - Herzog_Heinrich

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zusammentrifft. Die zur Rückführung von König Christian nach Dänemark
angeworbenen 6.000 Reiter und 18.000 Kriegsknechte soll Hochmeister
Albrecht befehligen – gemeinsam mit dem Wolfenbütteler Herzog.
Dem fällt es aus einer Reihe von Gründen schwer, Wolfenbüttel schon wieder
zu verlassen und Krieg zu führen. Doch in Anbetracht der habsburgischen
Wohltaten will er sich der persönlichen Bitte von Erzherzogin Margarethe
nicht entziehen, ihren dänischen Verwandten zu helfen. Er reitet nach Norden.
Schneller als angenommen, kehrt er zurück. In Jüterbog war ihm mitgeteilt
worden, dass der vertriebene Dänenkönig das Vorhaben abgeblasen hatte –
weil er nicht über einen einzigen Gulden verfügte, Truppen und Kriegsmate-
rial zu bezahlen.
Dem hilfsbereiten Welfen tut der arme Christian leid, doch Geld hat er selber
keines. Auch scheint das Interesse Karls V. an der kostspieligen dänischen
Angelegenheit erlahmt. Der Kaiser lässt nicht mehr von sich hören.
Heinrich kommt zur rechten Zeit heim nach Wolfenbüttel. Hier ist im Augen-
blick weniger sein internationales Beziehungsgeflecht gefragt als der Einsatz
ihm bedingungslos ergebener Helfershelfer vor Ort. Rasches Handeln ist näm-
lich erforderlich, die Folgen seines Ehebruchs zu vertuschen. Eva von Trott
vermag die deutlichen Anzeichen keimender Frucht ihrer Liebesbeziehung
zum Landesherrn nicht mehr zu verbergen. Seit Tagen hält sie sich in ihrer
Kammer auf, schützt ein Fieber vor.
In aller Heimlichkeit geht Heinrich zu Werke. Auf der Stauffenburg, einer sei-
ner bevorzugten Jagdburgen, sitzt ein vertrauenswürdiger Beamter. Zu ihm
reitet er, zieht ihn ins Vertrauen. Amtmann Engelbert Denecke und seine rund-
liche Frau sind mit Freuden bereit, ihrem Herrn aus der Klemme zu helfen:
Das erschöpfte Fräulein braucht eine Luftveränderung? Guter Vorwand für
eine unverdächtige Reise zu den Eltern! Verlässliche Diener begleiten Eva,
schaffen sie jedoch auf die weit genug von Wolfenbüttel entfernte Stauffen-
burg. Dort schenkt sie einem Sohn das Leben. Der Herzog lässt ihn von einem
verschwiegenen Landpfarrer auf den Namen Heinrich Theuerdank taufen.
Nach acht Wochen übernehmen die treuen Amtsleute die Pflege des Kindes.
Als sei nichts geschehen, kehrt die junge Mutter zurück in die Residenz. Aller
Peinlichkeit enthoben, kann sich der durchaus glückliche Vater wieder seinem
politischen Geschäft widmen.
Erzherzog Ferdinand, des Kaisers Bruder und Stellvertreter im Reich, hat ihn
auf Mitte September zur Teilnahme an einem geheimen Konvent nach Süd-
deutschland geladen. Die persönlichen Dinge geregelt, bricht er unverzüglich
auf. Zu Regensburg erwarten ihn neben dem Reichsverweser die beiden Her-
zöge von Bayern, Ludwig und Wilhelm. Von diesen bedeutenden Macht-
habern ins Vertrauen gezogen zu werden, erfüllt Heinrich den Jüngeren mit
Stolz. So hoch schätzt man ihn also schon ein!
Zur Sprache kommen unübersehbare Gegensätze zwischen den deutschen Lan-
desherren. Ihre höchst unterschiedlichen Meinungen in der Glaubensfrage för-
dern des Reiches Ohnmacht in immer schärferem Licht zu Tage. Nur knapp
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Prozesse, Aufstände, Bünde, Zerwürfnisse und Herzensangelegenheiten