Seite 48 - Herzog_Heinrich

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Ohne zu zögern, überlässt Freund Lip dem älteren Heinze die Würde des
obersten Feldhauptmannes.
Während am nächsten Tag vom nahen Buttelstedt Herzog Georg von Sachsen
hinzu stößt, wälzt sich eine von Thomas Münzer angeführte Horde entfessel-
ter Bauern heran. Es mögen 8.000 an der Zahl sein. Angesichts der Truppen-
massierung verschanzen sie sich auf einer Anhöhe hinter mitgeführten Fuhr-
werken. Herzog Heinrich schickt einen Boten hinauf. Die Bauernschaft bliebe
verschont, wenn sie nur Thomas Münzer und seinen Anhang ausliefere. Der
Abgesandte kehrt ergebnislos zurück. Münzers Reden habe die Leute derart
aufgestachelt, dass sie keinen Augenblick daran dächten, sich zu ergeben.
Tot oder lebendig wollen wir hier beieinander bleiben! Frisch dran, nur dreingeschla-
gen und gestochen, der Bluthunde nicht geschont!
hätten ihre Wortführer gebrüllt.
Die Fürsten zögern nicht länger. Noch am gleichen Tag greifen sie an. Doch als
ihr ‘verlorener Haufen’ dem Heer voran den Berg erklimmt, regt sich kein
Widerstand. Wehrlos stehen die Bauern beisammen, singen pausenlos geistli-
che Lieder. Der Söldner Befehl lautet, keine Gnade walten zu lassen. Sie drin-
gen in die Wagenburg ein und richten ein grausiges Blutbad unter den Fanati-
kern an. Einige der völlig verschreckten Bauern beginnen, in Richtung Fran-
kenhausen zu fliehen. Andere folgen. Doch allein 5.000 Tote bedecken den
Schlachtplatz. Viele der Flüchtenden werden niedergemacht.
Am nächsten Morgen rücken die Fürsten in die Stadt ein; vorbei an mehr als
300 zu ihrer Hinrichtung auf den Rathausplatz getrieben Rebellen. In den Stra-
ßen kommt es zu fürchterlichen Szenen. Frauen drängen sich heran, ihre Män-
ner loszubitten. Ein Reisiger verheißt ihnen Schonung, wenn sie einen abtrün-
nigen Priester umbrächten, der sich unter den Gefangenen befindet. Die krei-
schenden Weiber erheben ihre Knüppel und erschlagen den Geistlichen. Das
kommt Heinrich zu Ohren. Empört befiehlt er, den bestialischen Söldner auf-
zuknüpfen. Doch den verraten seine Kameraden nicht.
Vergeblich wird unter den Toten und Gefangenen nach Thomas Münzer
gefahndet. Gleich zu Beginn des Angriffs habe er zu Pferde das Weite gesucht,
heißt es. Einige wollen ihn dabei gesehen haben. Seither ist er verschwunden.
Plötzlich prescht ein Reiter auf den Marktplatz, springt vor dem Herzog ab
und meldet, der Gesuchte habe sich in der Nähe des Nordhäuser Tores in einer
Dachkammer versteckt. Dort sei einer seiner Männer auf eine Person gestoßen,
die mit umwickelten Kopf zu Bett läge. Im Stroh neben dem angeblich Kran-
ken habe eine Tasche mit Briefen gesteckt. Einer stamme vom Grafen von
Mansfeld und enthalte die Aufforderung an Thomas Münzer, von seinen Fre-
veltaten abzustehen. Das habe den Kranken entlarvt. Der Finder sei mit ihm
auf dem Weg hierher.
Georg von Sachsen spricht sich dafür aus, Münzer zum rechten Glauben zu
bekehren. Der Landgraf erhebt dagegen Einspruch. Heinrich befürchtet einen
Streit unter den beiden Fürsten. Rasch ordnet er an, den Gefangenen nach
Schloss Heldrungen zu bringen, dem Besitz des arg geschädigten Grafen
Mansfeld. Dort wird der Elende in strenges Gewahrsam genommen.
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Bauernkrieg und Schulterschluss der katholischen Fürsten