XII
Das Italienische Abenteuer – 1528
Wird dem ruhelosen Herzog daheim in Wolfenbüttel schon wieder die Zeit zu
lang? Oder drängt es ihn, sich aus nahe liegendem Grund wieder einmal die
durch außenpolitische Schlappen und Querschläge weit mehr als durch die
Glaubensspaltung in Anspruch genommenen Habsburger zu verpflichten?
Die Spatzen pfiffen nämlich längst von den Dächern, dass Karls V. Schwager,
der kinderlose König Ludwig von Böhmen und Ungarn, am 29. August 1526
bei Mohács Schlacht und Leben verloren sowie der siegreiche Sultan Suleiman
Budapest genommen und geplündert hatte. Zwar waren die Türken vor Win-
tereinbruch abgezogen, Ludwigs Schwager Ferdinand zum König von Böh-
men und Ungarn gewählt worden; ihm fehlen jedoch die Mittel, sich in dem
verwüsteten Land gegen seine Widersacher unter den magyarischen Magna-
ten durchzusetzen. Der notorisch aufsässige János Zápolya hatte des Kaisers
Bruder die ‘Stephanskrone’ entrissen und beherrscht seither als erklärter
Vasall des heidnischen Sultans große Teile Ungarns.
Doch auch anderswo steht ein Unstern über der Vision Karls V. und Gattina-
ras von der Universalmonarchie. Durch die Heilige Liga von Cognac ins
Hintertreffen geraten, sind sie wiederum zur Kriegführung in Italien gezwun-
gen. Damit nicht genug, hat auch Heinrich VIII. von England die Fronten
gewechselt. Heillos verliebt in die Hofdame Anne Boleyn hat er seine Ehefrau
Katharina verstoßen und – nur weil diese ausgerechnet Karls V. Tante ist –
sich mit dem bisher gemeinsamen Feind verbündet, Franz I.
Verprellt wegen des Ausbleibens fälligen Soldes, haben kaiserliche Lands-
knechte, zur zügellosen Horde verkommen, am 6. Mai 1527 die Heilige Stadt
Rom geplündert, den Heiligen Vater respektlos in der Engelsburg belagert.
Von dem ausreichend kompromittierten Kaiser aus seiner misslichen Lage
befreit, ist Papst Clemens VII. dann doch lieber auf Karls Wunschtraum von
einer gemeinsamen Herrschaft über die ganze Christenheit eingegangen, als
ihm eine durchgreifende Kirchenreform zu versprechen. Wie schon die Kunde
vom bestialischen Sacco di Roma, ruft die Verweigerung des Konzils in
Deutschland einen Sturm der Entrüstung hervor.
Nicht so bei Heinrich dem Jüngeren. Der erwägt in diesem Dezember 1527
gerade, wie er sich wohl dem von allen Seiten bedrängten, noch immer in Spa-
nien weilenden Kaiser nützlich machen könnte, als ihm eine Botschaft aus
Österreich die Entscheidung abnimmt. Erzherzog Ferdinand, König von Böh-
men und Ungarn, Verweser des Deutschen Reiches, bittet ihn zu einem drin-
genden Treffen ins Burgenland. Heinrich ist die Gelegenheit willkommen.
Gleich zu Beginn des neuen Jahres unternimmt er einen Gewaltritt an die
ungarische Grenze, lässt sich dort von Ferdinand zum obersten Feldhaupt-