auf ‘Du und Du’, bleibt unter dem Eindruck ihrer politischen und religiösen
Gegensätze die einst so innige Freundschaft auf der Strecke. Nur der Ton wird
freundlicher. Geflissentlich werden heikle Themen ausgeklammert. Zwar
beklagt man gemeinsam, dass sich der Riss im Gebäude des Deutschen Reiches
mehr und mehr ausweitet, schweigt aber zu den Gründen: dem behäbigen,
umgänglichen Kurfürsten Johann ist in Kursachsen dessen noch strenger luthe-
risch gesinnter Sohn Johann Friedrich gefolgt. Diesen Dickwanst, der zum
Besteigen seines Pferdes eine Leiter benötigt, kann Heinrich überhaupt nicht
leiden. Ist des lieben Lips engster Verbündeter ihm schon rein äußerlich zuwi-
der, erbost ihn umso mehr, dass der fettleibige Sachse mit dem norddeutschen
Städtebund auch Braunschweig in den Schmalkaldischen Bund gezogen hat.
Wenigstens sind sich Herzog und Landgrafen einig, das alle Reichsstände über
ihre Zwistigkeiten in der Religionsfrage hinweg zur Abwehr der Türkengefahr
beitragen müssen. Auch die Restitution Ulrichs und dessen Sohnes in Würt-
temberg wollen sie gemeinsam weiter betreiben. Philipp sagt zu, Goslar im
Streit um den Rammelsberg keinesfalls zu unterstützen. Heinrich will seinen
Einfluss bei den Habsburgern geltend machen, auf dem diesjährigen Reichstag
zu Nürnberg die protestantischen Stände bei Leistung weiterer Türkenhilfe
vorerst unbehelligt zu lassen.
Froh über das wenigstens teilweise wiederhergestellte Einvernehmen, erwar-
tet den Herzog in Wolfenbüttel eine herbe Enttäuschung. Conrad König eröff-
net ihm, dass der endlich vom Kaiser genehmigte Vertrag mit dem zur Wieder-
erlangung seiner Freiheit gefügigen Wilhelm wegen eines lächerlichen Form-
fehlers ungültig ist! Also wird es auf unabsehbare Zeit wieder nichts mit dem
Primogeniturvertrag! Wilhelm muss weiter in Gewahrsam bleiben.
Am 23. Juli verständigen sich Kaiser und evangelische Reichsstände in Nürn-
berg auf einen Religionsfrieden – bis zur Abhaltung des allseits geforderten
allgemeinen Konzils oder wenigstens des nächsten Reichstages. Nur wenige
Wochen später, am 28. August 1532, trägt diese Politik Früchte; dank der Ver-
fügung über ausreichende Mittel gelingt es dem Reichsheer, den Angriff der
osmanischen Armee abzuwehren. Vor der Festung Günz im westlichen
Ungarn tragen die Kaiserlichen den Sieg davon und behaupten ihre Stellun-
gen. Eine Welle des Aufatmens geht durch das Reich und überbrückt für eine
Weile die schwelenden Gegensätze.
Heinrich gewinnt dadurch Muße, sich seinen häuslichen Angelegenheiten zu
widmen. Dazu ist auch höchste Zeit, denn seine Geliebte erwartet wieder ein-
mal ein Kind von ihm. Wenn auch die Amtleute und Dienerschaft auf der
Stauffenburg Schweigsamkeit bewahrt haben, sind die Folgen seines fortgesetz-
ten Ehebruchs nicht geheim zu halten. Gerade jetzt macht die Herzogin ihm
heftige Vorwürfe. Nicht nur sie, sondern auch die Trotts in Hessen seien äußerst
bestürzt. Bei keiner Gelegenheit habe die heuchlerische Hofdame ihre Absicht
wahr gemacht, den ihr bereitwillig gewährten Urlaub zum Besuch ihrer Familie
zu nutzen. Jedes Mal sei sie verschwunden und nach einiger Zeit wieder in
Wolfenbüttel aufgetaucht, ohne sich bei den ihren sehen gelassen zu haben.
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1532 bis 1534