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Ruhe vor dem Sturm – 1535 bis 1539
Wer dem Religionsfrieden wenig Vertrauen entgegenbringt, den Gegner
jedoch nicht unnötig reizen will, sollte sich der Eintracht unter den Reichsstän-
den erinnern, die schon Kaiser Maximilian mit der Einführung des allgemei-
nen Landfriedens an Stelle des Faustrechts bewirkt hatte. Das halten Herzog
Georg von Sachsen, die Kurfürsten Joachim von Brandenburg und Albrecht
von Mainz den Braunschweiger Herzögen Erich und Heinrich auf einem Fürs-
tentag zu Halle entgegen, denen die Gründung eines Gegenbundes zum
Schmalkaldischen geraten scheint. Besser nicht mit dem Säbel rasseln, meinen
die anderen, ebenfalls katholisch und durch die Vereinigung der Protestanten
gleichermaßen beunruhigt. Mit dem halleschen Vertrag verpflichten einander
die bedeutendsten Reichsfürsten Norddeutschlands lediglich auf die Einhal-
tung des allgemeinen Landfriedens und seiner Bestimmungen. Die anderen
mögen die religionspolitischen Hintergründe vermuten; beweisen können sie
es nicht – zumal der evangelische Herzog Ernst von Lüneburg eingeladen
wird, dem Abkommen beizutreten.
Heinrich, auf dessen Rat hin Letzteres geschieht, beugt sich dem Wunsch seiner
Freunde, niemanden zu provozieren. Zwar vermag er die seinen Machtvorstel-
lungen seitens der Ketzer drohende Gefahr nicht zu unterschätzen. Deswegen
wäre er von sich aus jederzeit bereit gewesen, den Religionsfrieden zu brechen.
Doch dafür hätte es des Rückhalts mächtiger Verbündeter bedurft. So gibt er
sich 1533 schließlich mit dem vereinbarten Defensivbündnis zufrieden.
Gelegenheit, seinen Tatendrang auf eine den Habsburgern gefällige Weise zu
befriedigen, gibt es genug. Im äußersten Norden des Reiches ist wieder einmal
Streit ausgebrochen. Der geht ihn zwar direkt nichts an. Dennoch glaubt er,
aus seiner Einmischung Vorteil ziehen zu können. Seit Jahren hatte er auf
Wunsch des Kaisers dessen aus Dänemark vertriebenen Schwager Christian
II. unterstützt, seinen Thron zurückzuerlangen. Der war jedoch unfähig und
außerdem fehlte ihm das Geld. Die Habsburger hatten ihn schließlich fallen
gelassen und den vom dänischen Adel zum König erhobenen Friedrich von
Holstein anerkannt. Kurz darauf war dieser gestorben. Jetzt wurden seinem
Sohn Christian III. von anderer Seite die Thronrechte streitig gemacht – der
Stadt Lübeck. Die von ihrem Bürgermeister Wullenweber reichlich unklug
und taktlos betriebene Einmischung in dynastische Angelegenheiten empfin-
det der Herzog von Wolfenbüttel als blanken Hohn. Die radikale Volksherr-
schaft des Lübeckers sowieso als Dorn im Auge. Er sinnt darauf, einzugreifen.
Bald bestärkt ihn darin eine ihm höchst unangenehme Wendung in der würt-
tembergischen Frage. Sein Bemühung bei Kaiser und König, wenigstens