Ulrichs Sohn Christoph das Herzogtum zurückzugeben, war erfolglos geblie-
ben, Christoph seinen spanischen Bewachern entflohen, die ihn Anfang 1534
im Auftrag des Kaisers zur Erziehung nach Sevilla bringen sollten. Der Schwä-
bische Bund hatte sich aufgelöst. Für Heinrich deutet nun alles darauf hin,
dass Lip und Uz jetzt auf eigene Faust – ohne ihn – ihr lange gehegtes Vorha-
ben wahr machen werden.
Kurz entschlossen bittet er Erich von Calenberg, noch einmal zum Mündener
Faschingsfest den Landgrafen einzuladen. Der Oheim erweist ihm gern den
Gefallen und Philipp sagt zu. Am Rand des ausgelassenen Treibens stecken die
Fürsten die Köpfe zusammen. Der Ton ist freundschaftlich wie in alten Tagen.
Freimütig berichtet Philipp von einem Treffen mit König Franz von Frank-
reich, der zu dem württembergischen Unternehmen eine hübsche Summe bei-
steuert. Man könne jetzt getrost losschlagen, zumal der Kaiser anderweitig
beschäftigt sei. Heinrich trifft die Ankündigung nicht unvorbereitet. Nur ja
nicht den lieben Lip gleich wieder vergrätzen! Obwohl ihm die Einschaltung
des Franzosen schon gar missfällt, verzichtet er auf einen Versuch, den unge-
stümen Draufgänger noch umzustimmen. Vielmehr schlägt er ihm anerken-
nend auf die Schenkel, erklärt das Vorhaben zur gemeinsamen Sache. Auf ein
gutes Gelingen klirren die Becher – prosit!
Er werde sich natürlich beteiligen – mit Geld, wenn es recht ist. 12.000 Gulden
verspricht er prompt zu zahlen, Gegenwert der Waffenhilfe, die er vor dem
Zerwürfnis von Höxter zugesagt hatte. Geschickt bauscht er die demokrati-
schen Umtriebe der Lübecker zu einer großen Gefahr für die norddeutschen
Fürsten auf. Erich, wie von ungefähr dazu gekommen, pflichtet ihm bei. Habe
es doch gerade erst im calenbergischen Hannover einen Aufstand des Pöbels
gegeben und gäre auch in anderen Städten, wo von der Herrschaft des Volkes
die Rede sei, der böse Geist des Jürgen Wullenweber die Bürger zu Ungehor-
sam gegenüber ihren Landesherren verleite. Ganz zu schweigen von Westfa-
len. So genannte Wiedertäufer trieben da ihr Unwesen, gemeine Mordbrenner
in religiösem Wahn. Nicht auszudenken, wenn der Funke von Anarchie auf
das flache Land überspränge und einen Flächenbrand entzündete. Dem müsse
man mit gleicher Entschlossenheit entgegentreten, wie weiland dem Thomas
Münzer!
Heinrich nickt eifrig, wobei Sorgenfalten tiefe Furchen in sein Gesicht graben.
Philipp sieht ein, dass dem guten Heinze die Hände gebunden sind. Bewegt
gibt er sich mit dem Versprechen der 12.000 Gulden zufrieden. Wieder klingen
die Becher – wenn auch diesmal um einiges sachter.
Vom Mündener Faschingsfest reitet Heinrich nicht zurück nach Wolfenbüttel,
sondern bezieht das Schloss von Gandersheim als Ausgangspunkt für seine
nächsten Vorhaben – sei es nun, dass er der stets nörgelnden Herzogin Maria
ungern Rede und Antwort stehen, oder näher an Kassel, zugleich der Stauffen-
burg sein mag. Rittersleuten des Fürstentums, die am Heerzug nach Württem-
berg teilnehmen wollen, erteilt er bereitwillig Erlaubnis. Dem Landgrafen
191
1535 bis 1539