Außerdem könnte man zu Speyer den Angriff als Unterstützung für Türken
und Franzosen gegen den Kaiser verschreien – –
Philipp ist entsetzt. Er hat sich den Termin in den Kopf gesetzt, will ihn unbe-
dingt einhalten. Eine Woche später antwortet er. Für den Reichstag sei der
Braunschweiger Strafzug ein geringeres Hindernis als ein gleichzeitiger Tür-
kenkrieg. Dem Vorwurf, ihre eingesetzten Truppen würden dem Kampf gegen
die Ungläubigen entzogen, könnte man mit dem Versprechen begegnen, eben
diese Söldner nach dem raschen Sieg über Wolfenbüttel sogleich gegen die
Türken zu stellen. Das sollte bei Ferdinand Anklang finden und zugleich viele
andere Fürsten beeindrucken. Herzog Heinrich nicht im Lande? Sie wollten
ihn doch überraschen! Er könne immer nur wieder raten – schreibt der Land-
graf – den zu Naumburg gesetzten Termin einzuhalten.
Moritz beharrt darauf, den Reichstag abzuwarten. Versteckt spricht aus seinen
Briefen der Wunsch, das Unternehmen ganz abzublasen.
Philipp kennt das schon. Begann es vor zehn Jahren nicht ähnlich, als Heinze
die ersten Bedenken gegen die beschlossene Restitution ihres Freundes Uz von
Württemberg äußerte? So hatte der Hader zwischen ihnen begonnen. Würde
es mit dem Schwiegersohn ähnlich ausgehen? Er drängt weiter auf den 5.
März 1542; sucht ein Bündnis mit Bayern zu Stande zu bringen. Doch aus
Landshut erhält er eine Abfuhr. Man sei äußersten Falles zur Vermittlung
bereit.
Im neuen Jahr häufen sich die gegensätzlichen Argumente. Auf den Einwand
aus Dresden, man habe hier doch eigentlich mit dem Wolfenbütteler keinen
Streit, kommt aus Kassel die Entgegnung, der Heinze habe beim seligen Her-
zog Georg stets gegen den Vater von Moritz gehetzt; die alten Räte müssten
das bestätigen. Nein, schütteln diese ihre Köpfe, so ist es nicht gewesen! Carlo-
witz kann immer nur wiederholen – das geplante Unternehmen wäre für das
Herzogtum Sachsen in jedem Fall fruchtlos, wie immer es ausginge. Man
wolle doch schließlich allen Ehrgeiz daran setzen, dem Land, der Macht seines
Herzogs förderlich zu sein! Den habsburgisch gesinnten Räten misslingt, des
Landgrafen Ansehen bei Moritz auszuschalten. Der Hesse warnt den Schwie-
gersohn vergeblich vor seinen katholischen Ratgebern.
Den von König Ferdinand Mitte Januar 1542 in Speyer eröffneten Reichstag
beschickt weder der eine noch der andere persönlich. Zwischen den beiden
Sachsen, Kurfürst und Herzog, ist um die Osterzeit der Fladenkrieg ausgebro-
chen – genannt nach dem ungesäuerten Brot, das man um diese Zeit bäckt,
statt sich die Köpfe einzuschlagen. Es geht um das zum Hochstift Meißen
gehörende Amt Wurzen, die Abschaffung des katholischen Gottesdienstes
und das Recht auf Erhebung der Türkensteuer. Mit knapper Not gelingt es
dem herbeigeeilten Landgrafen, die Wurzener Fehde zwischen den beiden
Linien des Hauses Wettin ohne Blutvergießen beizulegen. Doch der Groll des
jungen Albertiners gegen den an Alter, Rang und Macht überlegenen ernesti-
schen Kurfürsten sitzt tief. Ihn ärgert auch, vom alt gewordenen Martin
Luther als
Bluthund
gescholten zu werden,
hinter dem der Teufel steckt
– nur
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1542 bis 1545