Hof solche Bösartigkeiten auf die derbe Sprache des Martin Luther zurück, der
den Herzog in einer Broschüre mit dem Titel
Wider Hans Worst
einst unflätig
beschimpft hatte. Im streng katholischen Polen hält man das Andenken an den
Wittenberger Reformator nun ganz gewiss nicht hoch! Und das Geraune von
des Brautwerbers skandalumwitterter Liebschaft mit der schönen Eva von
Trott? Nun denn – welchem gestandenen Ehemann werden keine Affären nach-
gesagt? Königin Bona steht darüber und König Sigismund August ist sehr daran
gelegen, seinen Einfluss im Reichsgebiet zu verstärken. Also verdient diese Ver-
bindung beider Beifall – wenngleich dieser Heinrich der Jüngere schon sechs-
undsechzig Jahre auf dem Buckel hat. Die eigenen Prinzessinnen sind mit über
dreißig schließlich auch schon alte Jungfern!
Heinrich nimmt die gute Nachricht, die ihm seine Abgesandten überbringen,
mit Genugtuung auf. Überhaupt ist er dieser Spätsommertage in bester Laune.
Lazarus von Schwendi hat ihm aus Brüssel berichtet, dass der Wohlgeborene
Herr Doktor Mynsinger von Frundeck nicht abgeneigt sei, einen Ruf nach
Wolfenbüttel in Erwägung zu ziehen. Darüber hinaus habe Seine Kaiserliche
Majestät geruht, die bereits in Aussicht gestellte Erhebung des Herzogs von
Braunschweig-Wolfenbüttel zum Ritter des Ordens vom Goldenen Vlies zu
vollziehen – eine Ehre, die bisher nur Wenigen außerhalb der erlauchten Kai-
serfamilie zu Teil wurde.
Also richtet Heinrich sogleich ein geziemendes Dankesschreiben an Karl V.,
bringt auch König Ferdinand seine Erkenntlichkeit in wohlgesetzten Worten
zum Ausdruck und bittet die Monarchen zugleich um ihre wohlwollende
Genehmigung, dem Doktor Joachim Mynsinger das Amt eines Kanzlers in sei-
nem Fürstentum anzutragen. Mit gleicher Eile macht er sich daran, die not-
wendigen Dokumente und Beglaubigungsschreiben für konkrete Verhandlun-
gen über seine eheliche Verbindung mit einer der Jagielloninnen auszustellen.
Zu Mitgliedern der neuen Gesandtschaft bestimmt er abermals die mit allen
Vollmachten und eingehenden Anweisungen versehenen herzoglichen Räte
Stefan Fabri und Lucas Bachscheidt. Um der Delegation die erwünschte Aura
zu verleihen, bemüht er sich mit Erfolg um die Mitwirkung des Bischofs von
Brandenburg und eines entfernten Verwandten der polnischen Königsfamilie,
Joachim Podiebrad von Münsterberg-Oels. Am 21. September setzt der Herzog
Namenszug und Siegel unter die den polnischen Majestäten zu unterbreiten-
den Vorschläge und Beglaubigungen. Die Gesandten machen sich sogleich auf
den Weg.
Noch gleichen Tags reitet Heinrich zur Liebenburg. Nie hat er der Geliebten
etwas verheimlicht. Auch jetzt möchte er ihr seinen Entschluss nicht vorent-
halten, die Ehe mit einer polnischen Prinzessin einzugehen auch wenn er ihr
damit wehtun muss. Wie stets von Eva mit liebevoller Umarmung begrüßt,
aus den Reitkleidern geholfen und mit selbst gebackenen Köstlichkeiten
bewirtet, berichtet er zunächst von der außergewöhnlichen Ehrung durch den
Kaiser und die Bereitschaft des Kammergerichtsrates, mit ihm wegen der
Kanzlerschaft in Verhandlung zu treten.
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1555 bis 1558