Seite 19 - KZ_Aussenlager_Schillstr

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Epilog
Am 28.10.1945 schickte der ehemalige Mitarbeiter der Firma Büssing Ernst Kunkel, nach
dem Krieg Braunschweiger Polizeibeamter, einen Bericht an den Generalstaatsanwalt, Dr.
Staff, in dem er die Sklavenarbeit der Juden in der Firma Büssing in den Jahren 1944-1945
beschrieb. Kunkel erwähnte in seinem Bericht, dass die Juden sowohl von der SS als auch
von der Firmenleitung so schrecklich behandelt wurden, dass er selbst „psychisch völlig
am Ende“ war. Im Dezember 1945 leitete die deutsche Polizei unter britischer Aufsicht ein
Ermittlungsverfahren ein, viele Arbeiter, Meister und auch Direktionsmitglieder der
Firma Büssing wurden verhört. Von den ehemaligen Häftlingen haben nur zwei Personen,
die nach dem Krieg kurze Zeit in Braunschweig wohnten, ausgesagt.
Der Generaldirektor der Firma Büssing, Rudolf Egger, sagte u.a. aus: „Wohl wußte ich,
dass in den Lägern (!) der KZ.-Häftlinge (!) Todesfälle vorkamen, jedoch hatte ich keine
Veranlassung, mich um die Todesursachen zu kümmern, denn erstens kamen während
der Kriegsjahre Todesfälle vor und zweitens hatte ich ganz andere Aufgaben.“
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Am 4.7.1946 richtete der Generalstaatsanwalt Dr. Staff eine Anfrage an die britischen
Besatzungsbehörden, ob die Untersuchungsergebnisse vor einem alliierten Gericht ver-
handelt, oder aber, ob sie an ein zuständiges deutsches Gericht weitergeleitet werden
sollen. Die Antwort, die erst am 1.3.1948 (!) kam, war folgende: „War Crimes Group
North-West Europe hat entschieden, dass dieser Fall nicht gerichtlich verhandelt werden
wird.“
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Die Untersuchungsakten wurden an die Staatsanwaltschaft in Braunschweig
zurückgegeben. Rudolf Egger wurde kurz nach dem Krieg, mit britischem „Segen“, zum
Präsidenten der Industrie- und Handelskammer in Braunschweig gewählt. 1953 wurde
ihm die Ehrenbürgerschaft der Stadt Braunschweig und der Titel des Ehrensenators der
Braunschweiger Technischen Hochschule verliehen. Die niedersächsische Landesregie-
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Nds. StA Wf, ebd.
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Nds. StA Wf, ebd. Dem Autor sind keine Dokumente bekannt, die diesen Beschluss begründen könnten.
Der Autor vermutet, dass einer der Gründe rein „praktischer“ Natur sein könnte. Rudolf Egger war nämlich
ein ausgezeichneter Organisator und man brauchte ihn beimWiederaufbau der Fabrik und bei der späteren
Inbetriebnahme der Produktion. Nach dem Krieg hatte die Fa. Büssing ca. 3.500 Mitarbeiter, die zusammen
mit ihren Familien eine Gruppe von etwa 10.000 Menschen bildeten, denen Büssing regelmäßige Einkünfte
garantierte, was wiederum die Gefahr der sozialen Unruhen in der Stadt reduzierte und die Arbeit der bri-
tischen Militärverwaltung erleichterte. Im Falle eines anderen Generaldirektors, Prof. Wittig, der die Firma
„Steinöl GmbH“ in Schandelah bei Braunschweig leitete, handelten die Briten anders. Diese Firma beschäf-
tigte im Zeitraum vom Frühling 1944 bis zumMärz 1945 ca. 800 Häftlinge aus Neuengamme. 200 von ihnen
starben infolge von unmenschlichen Arbeits- und Lebensbedingungen. Im Gegensatz zu Rudolf Egger war
Prof. Wittig entbehrlich für die Briten, da die Firma „Steinöl GmbH“ nach dem Krieg nicht mehr existierte.
1947 kam es vor dem Britischen Gericht in Braunschweig zu dem Prozeß gegen Wittig und andere für den
Tod der Häftlinge verantwortliche Personen: Wittig wurde zum Tode verurteilt (später aber begnadigt). Die
Prozessakten befinden sich in: Public Record Office, WO 235/283-289 und 309/398-399.