Hannover in Berlin, wie es vergleichsweise der österreichische Kaiser für das
Fortbestehen Sachsens getan hatte. Die Mächte ließen die Annexionen ohne Protest
sich vollziehen. Die britische Regierung versicherte der preußischen, keine
Schwierigkeiten zu bereiten und beschränkte sich auf den Wunsch, König Georg in
seinen Vermögensangelegenheiten freigebig zu behandeln. Die Königin Viktoria bot
ihrem welfischen Vetter ein Domizil in England an, was dieser, ungehalten über die
Gleichgültigkeit in Ansehung seines Thronanspruches, zurückwies. In Hietzing bei
Wien fand er Zuflucht und richtete sich dort für das Exil ein. [...]. Kaiser Alexander II.
von Russland, ein traditioneller Hort des Legitimismus, empfing den Abgesandten des
Königs wohl gnädig, versicherte ihn seines Mitgefühls, bedauerte das Verschwinden
einer so alten Dynastie, erklärte sich jedoch außerstande, darüber hinaus noch etwas zu
tun!”
Bereits wenige Jahre später, im Jahre
1871
, hatte Bismarck sein Ziel, ein deutsches
Kaiserreich unter preußischer Führung und ohne Österreich, erreicht. Allerdings ist er
dabei nicht zimperlich gewesen, von Schmiergeldzahlungen bis hin zu eklatanten
Rechtsverstößen reichte sein Repertoire, und die Zentralisierung vieler Aufgaben in
Berlin hatte zur Folge, dass die so auf ihre landesherrliche Souveränität bedachten
deutschen Fürsten zu Bismarcks Zaunkönigen
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reduziert wurden, wie man damals
spöttisch und hinter vorgehaltener Hand sagte. Viele Österreicher waren über den
preußischen Alleingang bitter enttäuscht, wie Franz Grillparzer sarkastisch in einem
Zweizeiler zum Ausdruck brachte:
„Ihr meint, Ihr habt ein Reich gegründet,
und habt doch nur ein Volk zerstört!”
Der Streit über Bismarcks Verdienste entzündet sich an der Frage, ob Bismarcks
Politik, die Isolierung Österreichs innerhalb des deutschen Staatenverbundes,
insbesondere aber seine rüde Behandlung des hannoverschen Königs und seine vielfache
Missachtung der Legitimität es wert war, ein Reich zu gründen, das nur bis
1918
, also
gerade einmal
47
Jahre, Bestand haben sollte. Dem halten jedoch Bismarck-Anhänger
entgegen, dass schließlich die deutsche Einheit im Wesentlichen bis zum heutigen Tage
fortbestehen würde, und dass unter dem Reichskanzler im Jahre
1914
der verheerende
Weltkrieg nicht begonnen worden wäre, und mit Sicherheit hätten andersartige,
nämlich multilaterale, Bündnisbeziehungen dem Kaiserreich auch andere Optionen
eröffnet. Außerdem müsse man anerkennen, dass Bismarck im Rahmen seiner
politischen Planungen und Maßnahmen nicht ahnen konnte, wie kurz oder lang „sein
Reich” bestehen würde; überdies sei er bereits
1890
entlassen worden, und es stehe außer
jedem Zweifel, dass es nach seinem politischen und diplomatischen Verständnis diese
einseitige Festlegung auf Österreich, die letztendlich den
1
. Weltkrieg und die
verheerende Niederlage zur Folge hatte, nicht gegeben hätte. Theodor Wolff, einer der
anerkanntesten Journalisten jener Jahre schrieb
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zu diesem Untergang: „Die größte aller
Revolutionen hat wie ein plötzlich losbrechender Sturmwind das kaiserliche Regime
mit allem, was oben und unten dazugehörte, gestürzt.”
Die überaus harten Friedensbedingungen, unmäßige Reparationsforderungen und
beträchtliche Gebietsabtretungen, die dem Kaiserreich mit dem Friedensvertrage von
Versailles am
28
. Juni
1919
auferlegt wurden, sowie die politischen Folgen und
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