Schwierigkeiten, die sich daraus ergaben, die Republik von Weimar und das
verbrecherische Hitlerreich, sind hinlänglich bekannt.
Den Österreichern erging
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es nicht viel besser: Im Vertrag von Saint Germain vom
10
. September
1919
wurde der Zerfall der Donau-Monarchie besiegelt. Österreich
bestand nun mit der Zentrale in Wien nur noch aus deutschsprachigen Provinzen oder
Landesteilen, die sich in einer provisorischen Nationalversammlung folgerichtig den
Namen „Deutsch-Österreich” gaben, wohl auch mit der Absicht, sich dem Deutschen
Reich nach dessen Konsolidierung wieder anzuschließen, und damit jenes Gebilde zu
schaffen, das
1848
so leidenschaftlich von allen Seiten gefordert worden ist. Da die
Siegermächte jedoch hierzu die Genehmigung versagten, beschloss die inzwischen
gewählte Nationalversammlung die Bildung der Republik Österreich mit der Verfassung
vom
10
. November
1920
, die nach der abermaligen Katastrophe des verlorenen
2
. Welt-
krieges
1945
wieder in Kraft gesetzt worden ist.
1.2 Braunschweig – zwischen Hannover und Preußen
Die politischen Entwicklungen seit
1848
hatten natürlich auch Auswirkungen von
erheblicher Bedeutung auf das Herzogtum Braunschweig-Wolfenbüttel. Die allgemeine
Begeisterung für die deutsche Einheit war in den Jahren
1848
und
1849
so überwältigend
gewesen, dass sie wegen der Unfähigkeit der Frankfurter Versammlung, sich auf eine
großdeutsche oder kleindeutsche Lösung zu verständigen, längst nicht begraben worden
war. Politisch denkende Bürger hatten damals keine Zweifel, dass früher oder später die
Frage der Einheit und der Vorherrschaft in Deutschland wieder auf der Tagesordnung
stehen würde. Sei es mit Mitteln der Diplomatie oder der Gewalt würde eine Lösung
herbeigeführt werden. Für Preußen sah man in diesen zu erwartenden Auseinander-
setzungen leichte Vorteile, weil hier in der Person des Otto von Bismarck der
intelligenteste aber auch skrupelloseste Staatenlenker am Werke war.
Innenpolitisch gab man sich im Herzogtum anscheinend liberal, versuchte jedoch
mit zunehmender Überwachung der Bürger, Unbotmäßigkeiten zu verhindern.
Außenpoltisch musste man bestrebt sein, mit seinen Nachbarn gute Beziehungen zu
pflegen, aber gleichzeitig darauf zu achten, weder vom Königreich Hannover noch vom
Königreich Preußen dominiert oder gar vereinnahmt zu werden. Zusätzliche Probleme
waren im Anzug wegen der absehbaren Thronfolgefrage nach dem Tode des Herzogs
Wilhelm und hatten Begehrlichkeiten bei den königlichen Nachbarn geweckt.
Immerhin war Herzog Wilhelm im Jahre
1856
bereits
50
Jahre alt geworden, und weder
eine standesgemäße Heirat noch ein erbberechtigtes Kind standen in Aussicht. Seit
vielen Jahren wurde diese Frage von den Braunschweiger Bürgern und Abgeordneten
der Ständeversammlung (Landtag) heftig diskutiert. Bereits am
30.
April
1840
berichtete
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der preußische Botschafter von Canitz seinem König, dass ein
Abgeordneter, nämlich der Bauer Christian Rosenthal aus Watzum, anlässlich eines
Empfangs zum Geburtstag des Herzogs, diesen gefragt habe, ob man sich in absehbarer
Zeit über eine Vermählung freuen könne. Wilhelm habe überrascht und unwirsch
erwidert, da Rosenthal selbst verheiratet sei, wisse er doch, „dass solche Angelegenheit
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