Dynastien lag und nicht bei der Publizistik, im Parlament und Presse oder bei der
Barrikade.” Die Dynastien würden jedoch dem Streben nach Einheit misstrauen, „weil
mit der Förderung der deutschen Einheit eine Verminderung der Unabhängigkeit zu
Gunsten der Zentralgewalt oder der Volksvertretung in Aussicht stand.“
Der preußische Ministerpräsident ließ nichts unversucht, die übrigen deutschen
Mittel- und Kleinstaaten sowie die preußischen Abgeordneten für seine Überzeugungen
und Pläne zu gewinnen, und vertrat diesen gegenüber nachdrücklich die Meinung
51
,
dass Deutschlands Wünsche und Interessen, sowie seine Sicherheit nicht allein durch
Preußen vertreten und gewährleistet werden könnten. Den Mitgliedern der
Budgetkommission des preußischen Abgeordnetenhauses hatte er am
30
. September
1863
unverblümt erklärt: „Dem Ziele [der Einheit] werden wir nicht durch Reden,
Vereine, Majoritätsbeschlüsse näher kommen, sondern es werde ein ernster Kampf nicht
zu vermeiden sein, ein Kampf, der nur durch Eisen und Blut erledigt werden könne. Um
uns darin Erfolg zu sichern, müssten die Abgeordneten das möglichst große Gewicht
von Eisen und Blut in die Hand des Königs von Preußen legen, damit er es nach seinem
Ermessen in die eine oder andre Wagschale werfen könne
52
.” Generalfeldmarschall
Albrecht von Roon, preußischer Kriegsminister, der diesen Auftritt des Minister-
präsidenten miterlebt hatte, war wenig begeistert und meinte, „dergleichen geistreiche
Exkurse” seien „unserer Sache” nicht förderlich. Natürlich erregte Bismarck mit diesen
deutlichen Worten nicht nur Freude, weder in Preußen selbst, wo er gewichtige Kritiker
und Gegner hatte, noch bei den übrigen deutschen Regierungen.
Anlässlich gefühlsbetonter Aufrufe zu einer nationalen Vereinigung wurde in den
damaligen deutschen Staaten frenetisch gejubelt, Fahnen geschwenkt und Salut
geschossen; ging es jedoch darum, diese Vereinigung durch Abtreten von Teilen der
Macht an eine (preußische) Zentrale oder an ein Parlament praktikabel und konkret zu
machen, dann kam es nach wie vor zu offenem und verstecktem Widerstand, selbst bei
aufgeklärten Liberalen. Daran hat sich bis zum heutigen Tage nichts geändert: Alle
wollen Reformen – keiner will Reformierter sein –, sei es bei den Kommunen, bei den
Kreisen, bei den Ländern oder auf europäischer Ebene. Eine Zusammenlegung
53
kleinerer Länder mit benachbarten größeren hätte längst durchgeführt werden müssen,
und auch beim Bund und den übrigen europäischen Staaten ist zu befürchten, dass in
Bezug auf die europäische Einigung (gemeinsame Verfassung, Ausbau der Europäischen
Kommission zu einer handlungsfähigen Regierung, Stärkung des europäischen Parla-
ments und des Ministerrats, gemeinsame Außen-, Steuer-, Sozial- und Verteidigungs-
politik) noch große Schwierigkeiten auftreten werden. Zweifelsohne lebt Demokratie
von der Portionierung der Macht, was jedoch vernünftige und wirtschaftlichere
Lösungen nicht ausschließen darf, weil sonst die Demokratie wegen hoher Verwaltungs-
kosten und fehlender Effizienz in ihrer Glaubwürdigkeit gefährdet würde.
2.2 Krieg gegen Dänemark
Als der dänische König Friedrich VII. (
1808
–
1863
) aus dem älteren Zweig des Hauses
Oldenburg wenige Monate nach dem ergebnislosen Frankfurter Fürstentag am
15
. No-
30