die „beste und gerechteste Lösung”. Nur Preußen, das vorerst noch mit Österreich Hand
in Hand ging, dachte nicht daran, einen weiteren Mittelstaat – wie Hannover – an seinen
Grenzen entstehen zu lassen und versuchte, mit Hilfe von Rechtsgutachten und
diplomatischen Ränkespielen, das Erbfolgerecht des Augustenburgers in Frage zu stellen.
Als Herzog Friedrich Bismarcks Forderungen
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ablehnte und auch Österreich seine
Unterstützung versagte, kam es zur Gasteiner Konvention vom
14
. August
1865
, in welcher
Österreich und Preußen ihr künftiges Verhalten in Schleswig-Holstein festlegten: Der
Besitz der Herzogtümer sollte beiden Mächten gemeinsam bleiben, die Verwaltung aber
von Holstein sollte Österreich, die von Schleswig Preußen wahrnehmen, das außerdem
den Kieler Hafen, die Mitbesetzung von Rendsburg und die Oberaufsicht über den zu
bauenden Nordostsee-Kanal erhielt. Lauenburg wurde für
2
1
/
2
Millionen dänische Taler
an den preußischen König abgetreten. Dieser war über den Ausgang der Gasteiner
Verhandlungen, mit denen die erste Vergrößerung Preußens unter seiner Regierung
verbunden war, so erfreut
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, dass er Bismarck in den Grafenstand erhob:
„Berlin, den 15. September 1865
Mit dem heutigen Tage vollzieht sich ein Akt, die Besitzergreifung des Herzogtums
Lauenburg, als eine Folge meiner, von Ihnen mit so großer und ausgezeichneter Umsicht und
Einsicht befolgten Regierung. Preußen hat in den vier Jahren, seit welchen ich Sie an die
Spitze der Staatsregierung berief, eine Stellung eingenommen, die seiner Geschichte würdig ist
und demselben auch eine fernere glückliche und glorreiche Zukunft verheißt. Um Ihren hohen
Verdiensten, denen ich so oft Gelegenheit hatte, meinen Dank auszusprechen, auch einen
öffentlichen Beweis desselben zu geben, erhebe ich Sie hiermit mit Ihrer Deszendenz in den
Grafenstand, eine Auszeichnung, welche auf immerhin beweisen wird, wie hoch ich Ihre
Leistungen um das Vaterland zu würdigen wusste.
Ihr wohlgeneigter König
Wilhelm.”
Diejenigen Bürger und Staaten, die auf Seiten der Augustenburger standen, waren über
das Gasteiner Abkommen sehr verärgert. Während Edwin von Manteuffel, preußischer
Generalfeldmarschall und Oberbefehlshaber in Schleswig, alle Demonstrationen für den
Herzog Friedrich untersagte, verfuhren die Österreicher in Holstein wesentlich
großzügiger. Sie duldeten eine Nebenregierung des Augustenburgers in Kiel und
unternahmen nichts gegen Demonstrationen, die sich gegen das Gasteiner Abkommen
richteten und unterbanden selbst die Vorbereitungen zur Einberufung der schleswig-
holsteinischen Ständeversammlung in keiner Weise. Schließlich gab der Kaiser seinen
Widerstand gegen den Herzog Friedrich VIII. ganz auf und ließ Preußen am
26
. April
1866
den Vorschlag unterbreiten, der Bund möge über die Erbfolge in den
Herzogtümern entscheiden. Wenige Wochen später, am
1
. Juni, übertrug Österreich
trotz der preußischen Ablehnung die Entscheidung über die schleswig-holsteinische
Frage dem Deutschen Bund und berief die holsteinischen Stände für den
11
. Juni nach
Itzehoe. Viele deutschen Klein- und Mittelstaaten sympathisierten mit dieser
Handlungsweise des Kaisers.
Die Überraschung in Berlin über das Verhalten der Österreicher wird sich in
Grenzen gehalten haben, da der Kaiser verschiedentlich eine derartige Entwicklung
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