Verhältnis zu Preußen und zu Bismarck „lockerer” als viele glaubten. Zwar gab es
ständigen Ärger wegen der Militärkonvention und nach
1871
auch wegen der
Garnisonierung braunschweigischer Truppen in Elsass/Lothringen, in der Thronfolge-
frage wollte Bismarck die welfischen Hausgesetze nicht respektieren und die Behand-
lung der hannoverschen Welfen bis hin zur Beschlagnahme ihres Vermögens fand man
am Braunschweiger Hof skandalös. Aber trotzdem notiert Wilhelm am
29
. April
1867
in
seinem Tagebuch: „Ministerium wegen Bismarck (Orden)”. Die Ordensübergabe fand
alsbald statt, und in einem
1872
angefertigten Verzeichnis der Träger des Großkreuzes,
des höchsten braunschweigischen Ordens, finden wir Fürst Otto von Bismarck-
Schönhausen, allerdings auch seinen Gegenspieler Dr. Ludwig Windthorst,
Staatsminister a.D., aus Hannover.
Bismarcks klare Aussage, dass die jüngere welfische Linie die Thronfolge in
Braunschweig nicht werde antreten können, solange die Behinderung, nämlich die
Nichtanerkennung der Annexion, weiter besteht und die unnachgiebige Position der
hannoverschen Königsfamilie sorgten zwar für Gesprächsstoff bei den regierenden Fürsten
und den politisch interessierten Bürgern, aber die Angelegenheit selbst stagnierte. Als
dann auch noch
1870
der Krieg gegen Frankreich ausbrach, trat die braunschweigische
Thronfolge immer mehr in den Hintergrund und eine unkritische nationale Begeisterung
erfasste die deutschen Staaten. Im braunschweigischen Landtag wurde durch den Wolfen-
bütteler Obergerichtsadvokaten A. Müller ein Antrag an die Regierung eingebracht, in
dem um Prüfung gebeten
627
wurde, ob der „vormalige König Georg in landesverräterischer
Weise am Zustandekommen des Krieges zugunsten der französischen Interessen
mitgewirkt habe.” Wenn dem so sei, so forderte die Mehrheit der Abgeordneten, dann
müsse der König von der Erbfolge in Braunschweig ausgeschlossen werden. Der
braunschweigische Gesandte von Liebe in Berlin fragte in dieser Angelegenheit beim
Staatssekretär des Außenministeriums von Thile an, der am
21.
Dezember
1870
erwiderte,
es lägen keinerlei Erkenntnisse gegen den ehemaligen hannoverschen König vor.
Die Antwort des preußischen Staatssekretärs war sehr freundlich gehalten und hätte
sicherlich auch gegenteilig ausfallen können; bei der Beschlagnahme des königlichen
Vermögens ist die preußische Regierung schließlich weit weniger objektiv gewesen.
Georg V. sah nach der österreichischen Niederlage nur noch die Möglichkeit, dass
Frankreich die preußische Expansion bremsen könne, und er auf diese Weise sein
Königreich zurückbekäme. Seine Vertrauten, von Platen und Meding
628
, die ihm ins Exil
gefolgt waren, bestärkten ihn in dieser Ansicht.
Brosius berichtet
629
über die „französischen Maßnahmen”: „Deshalb sah es Georg,
gedrängt durch Meding, als seine Aufgabe an, die Kriegsbereitschaft in Frankreich zu
schüren. Dazu wurde Meding nach Paris entsandt und entfaltete dort, wenn man seinen
Berichten glauben darf, eine eifrige und erfolgreiche Tätigkeit, indem er einflussreiche
Politiker, Beamte und Militärs für die hannoversche Sache gewann und die öffentliche
Meinung durch die Gründung einer eigenen Zeitung (La Situation), die Herausgabe eines
Pressedienstes und die Subventionierung französischer Blätter günstig stimmte. Wenn
irgend jemals, dann hat er in dieser Zeit den König bewusst getäuscht und ihn durch weit
übertriebene oder gar fingierte Erfolgsmeldungen zu immer neuen Geldbewilligungen
verleitet. Allein die Pressepolitik verschlang auf diese Weise von
1867
bis
1870
mehr als
260