treten. Nach B[raunschweig] zurückzukehren ist mir demnach ohnmöglich, Ich würde dann zur
Betrügerin werden, da meine Gefühle für H[oheit] immer dieselben sind u. Ich doch den
Edelsinn des jungen Mannes schuldig bin, jedes andere Verhältnis abzubrechen, H[ohei]t
versicherten mich so oft Ihrer Liebe, darf Ich H[ohei]t nun bitten, etwas für Ihre Kleine zu thun.
Ohne engagement bin Ich aber nicht in glücklichen Verhältnissen. Ich wende mich an Ihre
Großmuth, mir aus dem Mammon Ihres Reichthums ein Tröpfchen zukommen zu lassen,
welches gewiss hinreichen wird, vorläufig meine Existenz zu sichern. Meiner Liebe zu Ihnen zu
entsagen H[ohei]t, macht mich sehr unglücklich, mein Zustand ist augenblicklich nicht
beneidenswerth, dieser letzte Entschluss hat mich furchtbar erschüttert. Bestimmen H[ohei]t
über mein ferneres Schicksal, meine Achtung und Dankbarkeit bleiben ewig. Glauben Sie mir die
Worte, die Ich Ihnen oft wiederholte, sind Wahr. Nie wurden Sie so geliebt als von
Ihrer Sie ewig liebenden
C[lara]”
Am
13
. Juli
1853
schreibt Clara abermals an Herzog Wilhelm:
„L[iebe] H[oheit]
Ihrem Wunsche gemäß bin Ich nach Braunschweig zurückgekehrt und freue mich, vielleicht etwas
gethan zu haben, was H[oheit] Vergnügen machen könnte, indem Ich am 21. dieses Monats in
Minna von Barnhelm aufgetreten bin. Ich kann aber nicht unterlassen, H[oheit] zu sagen, dass
mein Leben hier ein zu trauriges ist, als dass Ich es noch lange so ertragen könnte. Man glaubt hier,
ich sei die Ursache, dass H[oheit] jetzt nicht nach Br[aunschweig] komme, es scheint überhaubt als
sei es dem Publikum nicht ganz unbekannt gewesen, dass Ich bei H[oheit] in so großer Gnade
gestanden. Denn Allgemein heißt es jetzt, Ich sei bei H[oheit] in Ungnade gefallen, dass Ich
hiernach viel – recht viel zu leiden habe, und sehr unglücklich bin, kann H[oheit] versichert sein,
denn schon, dass mir Leute, die mir früher freundlich und aufmerksam entgegen kamen, jetzt nicht
allein unaufmerksam sind, sondern um mich zu verletzen, auch noch erzählen, H[oheit] werde ein
Ballet einrichten lassen und haben schon mehrere Tausend Thaler bewilligt, ist mir schrecklich.
Meine liebe H[oheit] es bedarf bei Gott dieser Kränkungen nicht, um mich unglücklich zu
machen, schon der Gedanke Hoheits Liebe durch meine Schuld verloren zu haben, lässt mich sehr
unglücklich und elend sein, wenn Ich auch als junges unerfahrenes Mädchen leichtsinnig
handelte, so habe Ich meinem Verhalten nach wenn auch keine Entschuldigung aber auch keinen
Verstoß verdient. Und meine eigenen Qualen sind hinreichend genug, mir alle Lust zum Leben
zu nehmen [zumal] andere Menschen, denen Ich früher nur gedient, mich so tief demüthigen.
Verzeihen sie mir Hoheit was ich gethan habe und hegen Sie keinen Groll gegen mich, denn Ich
stehe jetzt ganz verlassen und allein da, und der Gedanke als junges Mädchen in die Welt
hinaus zu müssen, ist mir schrecklich und doch kann ich ferner nicht an einem Ort leben, wo Ich
so glückliche und jetzt so unglückliche Tage verlebt.
Ich weiß jetzt nicht, was Ich thun soll und bitte Hoheit flehentlich über mich zu bestimmen;
sollte Hoheit die Freundlichkeit [haben] mit mir mündlich reden zu wollen, so ist dies auch der
Wunsch Hoheits unglücklicher
C[lara].”
In seinem Tagebuch von
1853
hat Wilhelm am
21
. Juli notiert, er habe Clara
1000
rthl zur
Abreise übergeben lassen, wohl weil er Komplikationen vermeiden wollte, denn er hatte
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