710
Hans-Jürgen Enge l k i ng
kussionen um das Verhältnis von alter und neuer Welt, christlich-
europäischer und außereuropäisch-heidnischer Kultur und
Moral hervor. Das aufkommende missionarische Interesse domi-
nierten, stets unter der Voraussetzung europäischer Superiorität,
zwei grundlegende Prinzipien: die Verbreitung der biblischen
Botschaft und die Vermittlung europäischer Kultur und Wissen-
schaft. Als „eigentlicher Missionstheologe Deutschlands“
1
in je-
nem Jahrhundert gilt der Braunschweiger aufklärerisch-orthodo-
xe Pfarrer und spätere Superintendent in Vorsfelde, Johann
Balthasar Lüderwald (1722-1796).
Für eine erfolgreiche Missionsarbeit entwickelte er in Abgren-
zung zur „Schwärmerei der Herrnhuter“ methodisch-praktische
Ansätze. Er sah in der Einrichtung von Schreib- und Leseschulen
sowie in sozial-karitativen Institutionen die entscheidenden Vor-
aussetzungen für das Gelingen von Mission und warnte gleichzei-
tig vor einer vollständigen Europäisierung der einheimischen Be-
völkerung. Über die Erfolge der ersten lutherischenMissionsarbeit
berichtete Lüderwald von 1772-1786 regelmäßig in den von einer
kirchenhistorischen Zeitschrift publizierten „Nachrichten von
der Ausbreitung des Christentums durch die evangelischen Mis-
sionen in Ostindien“.
Eine einzige aussendende braunschweigische „Helmstedter Mis-
sionsgesellschaft“ bestand von 1786-1792. Abt Johann Caspar
Velthusen (1740-1814), General-
und Stadtsuperintendent in Helm-
stedt, unterstützte den ihm be-
kannten ehemaligen Franziskaner
und hannoverschen Pfarrer Adolf
Nüßmann (1740-1814), der als Pre-
diger in die Mecklenburg-County
in North Carolina gegangen war und
nicht nur die Indianer, sondern
auch die „verwilderten amerikani-
schen Siedler“ als Zielgruppe der
Missionare ausmachte. Neben fi-
nanzieller Hilfe konnte die Entsen-
dung von zwei Missionaren nach
Amerika bezahlt werden. Einer der
beiden, C.A.G. Storch (1764-1831)
Abb. 2:
Johann Caspar
Velthusen (1740-1814),
Porträtstich: Herzog
August Bibliothek
Wolfenbüttel