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DAS KONSISTORIUM
von Peter Albrecht
Die Kirchen der Reformation standen – bedingt durch ihre Lösung von der römisch-
katholischen Kirche – vor der Aufgabe, sich eine Grundordnung zu geben, welche die
einzelnen Gemeinden zusammenschloss und ihre Gemeinschaft handlungsfähig
machte. Die gefunden Lösungen waren vielfältig, doch lassen sich zwei Grundmuster
unterscheiden. Die reformierten Kirchen gaben sich in aller Regel Ordnungen, die
streng nach dem presbyterial-synodalen Modus gestaltet waren, das heißt, sie bevor-
zugten Regelungen, bei denen die zentrale Macht bei den Kirchengemeinden und
ihren Vertretungen liegt. Die Ordnungen der lutherischen Kirchen sehen dagegen fast
immer den Landesherren als Obersten Bischof (
Summus espiskopus
). Ihm oblag die
Oberaufsicht, wobei er diese Rechte in aller Regel durch ein Konsistorium ausüben
ließ. Die kirchliche Verwaltung war also analog der allgemeinen Verwaltung hierar-
chisch aufgebaut. Nach diesem Muster war Kirche sowohl in den welfischen Landen
als auch in der damaligen Grafschaft Blankenburg organisiert.
Unter Herzog Julius (1564-1613) wurde für das Fürstentum Wolfenbüttel erstmals ein
zentrales für Kirchenangelegenheiten zuständiges Kollegium mit der Bezeichnung
‚Fürstlicher Rat’ oder auch ‚Fürstliches Konsistorium’ eingerichtet. Näheres regelte die
1569 erlassene Kirchenordnung.
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Zugewiesen wurden dem Konsistorium, wie es bald
nur noch genannt wurde, folgende Arbeitsfelder: Kirchliche Anliegen im engeren Sin-
ne, Schulangelegenheiten, Klostersachen, kirchliche Gerichtsbarkeit, Verwaltung des
kirchlichen Vermögens, das Armenwesen und alle Ehesachen. Als Mitglieder des Kon-
sistoriums waren vorgesehen: der Statthalter des Herzogs, der Kanzler, der General-
Superintendent, dazu sollten noch ‚etliche Theologen’ kommen. Sie alle sollten die
übertragenen Aufgaben neben ihren sonstigen Verpflichtungen erledigen. Über den
Vorsitz ist in der Kirchenordnung nichts gesagt, es gibt guten Grund anzunehmen, dass
er vom Herzog, wenn er an den Sitzungen teilnahm, entsprechend den Regelungen bei
der Kanzlei wahrgenommen wurde. Dadurch, dass die beiden höchsten ‚Verwaltungs-
beamten’ des Landes zugleich ‚geborene’ Mitglieder des Konsistoriums waren, war
eine weitgehende Verschränkung mit der bisherigen Landesverwaltung beabsichtigt
und auch sicher gestellt. Die Sitzungen sollten in der Kanzlei stattfinden. Auch wurde
festgelegt, dass in rein kirchlichen Angelegenheiten das Konsistorium allein entschei-
den konnte, bei allen anderen sollten die übrigen Mitglieder der Fürstlichen Kanzlei,
also der Ratsstube, hinzugezogen werden. Es sei noch erwähnt, dass die Kirchenord-
nung von 1569 noch
Synodo
kannte, der Idee nach eine Art Generalkonsistorium. Zwei-
mal im Jahr sollten sich die fünf Generalsuperintendenten nebst den 17 Superintenden-
ten gemeinsam mit dem Konsistorium versammeln und über die Lage in den