Seite 70 - Kirchenbuch

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Hans-Jürgen Enge l k i ng
nämlich der 1768 erstmals aus
finanzpolitischen Gründen
wieder einberufene Landtag,
blieb in seinen Möglichkeiten
beschränkt. 1790 gelang diesem
aber immerhin, die Auflösung
des fürstlichen Schuldirekto-
riums zu erwirken und dem
Konsistorium die 1786 entzoge-
ne Aufsicht über das Schulwe-
sen wieder zu übertragen.
Trotz der Integration der kirch-
lichen Verwaltung in die staat-
liche Administration, verblieb
dem Konsistorium eine „Son-
derstellung jenseits der hierar-
chischen Gliederung“. In Kir-
chensachen blieb der Herzog
an die Mitwirkung des Konsis-
toriums gebunden und der Ge-
heime Rat beriet in Kirchenfra-
gen nur Verordnungen, die zuvor vom Konsistorium begutachtet
worden waren.
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Im 19. Jahrhundert sollte dieses Grundprinzip
dann Eingang in die ‚Neue Landschaftsordnung‘ finden. Auf lo-
kaler Ebene belegt etwa die Einbeziehung der Amtleute in die Vi-
sitationstätigkeit der Superintendenten und ihre Zuständigkeit für
die Instandhaltung der geistlichen Gebäude die Verflechtung
kirchlicher und weltlicher Verwaltung. Freilich war die Zustän-
digkeit der Amtleute bei den Visitationen 1782 auf die Abnahme
der Kirchenrechnungen reduziert worden. Auf höchster Ebene
verlor die Geistlichkeit an Einfluss, da seit 1688 auch weltliche
Beamte das Konsistorium leiten durften und sich die geistlichen
Mitglieder des Konsistoriums in der Regel in der Minderheit
gegenüber ihren weltlichen Kollegen befanden.
Nach der Niederlage der deutschen Staaten gegen die napoleoni-
schen Invasionsarmeen erfolgte die Auflösung des Fürstentums
Braunschweig-Wolfenbüttel und seine Integration in das von der
französischen Besatzungsmacht 1807 gegründete Königreich West-
falen. Das in Frankreich von der bürgerlichen Revolution durchge-
Abb. 2:
Titelblatt „Bericht Von
dem Uursprung [...]
Der Stift- und Cloester“
[von Johann
Schwartzkopf],
Wolfenbüttel 1658,
Quelle:
Landeskirchliches
Archiv Wolfenbüttel