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rung sicher das Geschehen in der Stadt vielfältig beeinflusst hat, bleibt doch ein
Zuständigkeitsbereich der Stadtverwaltung, den sie mit eigenen Intentionen
ausfüllen konnte. Das macht den Blick auf das kommunale Geschehen sinnvoll.
Bislang lassen sich nur einzelne Handlungsfelder der städtischen Politik 1933 –
1945 beschreiben. Für benachbarte Gemeinden und Kreise wie Wolfenbüttel,
Schöningen und dem 1941 zum Freistaat gekommenen Goslar sind in den letz-
ten Jahren einige Lokalstudien veröffentlicht worden.
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Naheliegender Weise haben die Verfolgungsbehörden der NS-Diktatur im
regionalen Rahmen bislang die größte Aufmerksamkeit gefunden. So legte
Gerd Wysocki 1997 eine umfängliche Studie zur Braunschweiger Gestapo
und zu ihrer Verfolgungspraxis vor. Informationen zur Gleichschaltung und
zur Entwicklung der Schutzpolizei enthält eine neuere Dokumentation von
Volker Dowidat. Die wichtigste Beschreibung der justiziellen Verfolgung aller
Gegner und der von dem Regime ausgegrenzten Gruppen liefert die von
Hans-Ulrich Ludewig und Dietrich Kuessner verfasste Untersuchung zum
Braunschweiger Sondergericht. Sie enthält auch Aussagen über die beteiligten
Juristen und die Organisation der politischen Strafjustiz. Wichtig bleibt ergän-
zend die Beschreibung des Strafvollzugs in Wolfenbüttel, der mit einer großen
Zahl von Hinrichtungen verbunden war. Von Interesse ist außerdem die
Beteiligung der Finanzbehörden an den Verfolgungsmaßnahmen. Die Ergeb-
nisse eines Forschungsprojekts an der Universität Hannover über die Vermö-
gensverwaltungsstelle der Oberfinanzdirektion Hannover lassen hier erste
Hinweise erwarten, die Veröffentlichung steht aber noch aus.
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Fragt man nach der Betroffenheit einzelner Bevölkerungsgruppen durch
Verfolgungsmaßnahmen, so fällt zuerst eine wichtige Leerstelle auf: Zwar
nahm man im Braunschweiger Stadtarchiv bereits in der 1960er Jahren mit
der Herausgabe der Brunsvicensia Judaica und der darin enthaltenen Auflis-
tung der ermordeten und vertriebenen jüdischen Bürger die Forschung zu
dieser wichtigsten Verfolgtengruppe auf. Doch dann folgten keine Anschluss-
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Zur Stadt Wolfenbüttel vgl. Frank Beier, Die Geschichte der Stadt Wolfenbüttel 1933-1945, Wolfen-
büttel 2003, sowie Wolfenbüttel unter dem Hakenkreuz. 5 Vorträge, Wolfenbüttel 2000, zum Land-
kreis Wolfenbüttel Markus Gröchtemeier, Nationalsozialismus auf dem Lande – Der Landkreis Wol-
fenbüttel in den Jahren 1933 – 45, Wolfenbüttel 2005; zu Schöningen: Burkhard Jäger, Nationalsozia-
lismus in Schöningen, Schöningen 2006, zu Goslar: Peter Schyga, Goslar 1918-1945. Von der natio-
nalsozialistischen Stadt zur Reichsbauernstadt des Nationalsozialismus, Bielefeld 1999.
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Gerhard Wysocki, Die Geheime Staatspolizei im Land Braunschweig. Polizeirecht und Polizeipraxis
im Nationalsozialismus, Frankfurt/New York 1997. Volker Dowidat, Polizei im Rückspiegel. Die
Geschichte der Polizeidirektion Braunschweig, Braunschweig 2003. Hans-Ulrich Ludewig / Dietrich
Kuessner; „Es sei also jeder gewarnt“. Das Sondergericht Braunschweig 1933 – 1945, Braunschweig
2000. Zum Strafvollzug vgl. Wilfried Knauer, ...nicht hinter Mauern! – Die Stadt und das Strafge-
fängnis Wolfenbüttel 1933 – 1945, in: Wolfenbüttel unterm Hakenkreuz (wie Anm. 3), S. 81-102,
sowie den Ausstellungskatalog Nationalsozialistische Justiz und Todesstrafe. Eine Dokumentation
zur Gedenkstätte in der Justizvollzugsanstalt Wolfenbüttel, 2. Auflg. Hannover 1992. Marlis Buch-
holz, Die Akten der Oberfinanzdirektion Hannover als Quellen zur Geschichte niedersächsischer
Juden im Nationalsozialismus, in: Archiv-Nachrichten Niedersachsen. Mitteilungen aus niedersäch-
sischen Archiven 5 (2001), S. 56-63.