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braunschweigischen Schuldienst entlassen worden.
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Hans Sievers gehörte der
braunschweigischen Arbeitsgemeinschaft sozialistischer Lehrer
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an, in der
sich Mitte 1919 17 Lehrer
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aus den Linksparteien zusammengeschlossen hat-
ten.
Volksschullehrer war fast ausschließlich ein Männerberuf für Söhne von
Facharbeitern, Handwerkern, Angestellten oder niederen Beamten. Walter
Jorns, 1898 als Sohn eines städtischen Angestellten in Braunschweig geboren,
wurde 1912 nach dem achtjährigen Besuch einer Bürgerschule in die sechste
Klasse des herzoglichen Lehrerseminars aufgenommen. Im November 1916
wurde er zum Heeresdienst eingezogen. Während der Ausbildung bei einem
Artillerieregiment in Wolfenbüttel erlitt er einen Reitunfall, der eine langwie-
rige Nervenbehandlung nach sich zog, ihn aber auch vor dem Fronteinsatz
bewahrte. Im Dezember 1917 konnte er nach achtwöchiger Vorbereitungszeit
die erste Lehrerprüfung ablegen und wurde im März 1918 als Hilfslehrer im
braunschweigischen Volksschuldienst eingestellt. Im Dezember 1918 urteilte
der Bezirksschulinspektor:
„Jorns ist fleißig und geschickt und hat einen freundlichen und doch
bestimmten Lehrton. Er hat ein Herz für Kinder und versteht es besonders,
mit den Kleinen umzugehen. Seine Schüler und Schülerinnen waren zutrau-
lich, fleißig, gesittet und ordentlich und machten unter seiner Führung gute
Fortschritte. Jorns Auftreten ist das eines taktvollen, gebildeten jungen Man-
nes; er berechtigt zu den besten Hoffnungen.“
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Zu diesem Zeitpunkt war Jorns noch Mitglied der evangelischen Kirche.
Knapp zwei Jahre später trat er als überzeugter Sozialist und Freidenker an
die Öffentlichkeit. Der Braunschweiger Freidenkerverband und die Arbeits-
gemeinschaft sozialistischer Lehrer forderten die Braunschweiger Eltern im
Oktober 1920 auf, ihre Kinder vom Religionsunterricht abzumelden.
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Jorns
kündigte in der „Freiheit“, dem Parteiorgan der USPD, an: „...bereits Ostern
1921 werdet Ihr die weltliche Schule fordern können!“
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Doch die Hoffnungen auf ein Reichsschulgesetz, auf dessen Grundlage die
sozialistisch ausgerichtete, weltliche Schule allgemein etabliert werden sollte,
erfüllten sich nicht, und so suchten die sozialistischen Lehrer in Braunschweig
nach Übergangslösungen. Zum Jahresbeginn 1921 hatte sich die Arbeits-
gemeinschaft sozialistischer Lehrer der im Herbst 1920 in Gotha gegründeten
Freien Lehrergewerkschaft (FLGD) angeschlossen; Walter Jorns wurde
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Thomas Pusch, Politisches Exil als Migrationsgeschichte. Schleswig-Holsteiner EmigrantInnen und
das skandinavische Exil 1933-1960, Diss. Universität Flensburg 2003, S. 431.
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Wolfgang Stöhr, Lehrer und Arbeiterbewegung, Entstehung und Politik der ersten Gewerkschafts-
organisation der Lehrer in Deutschland 1920 bis 1923, Marburg 1978, Bd. 1, S. 151, 197f.
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Bibliothek für bildungsgeschichtliche Forschung Berlin (BBF), Nachlass Leo Regener (Rege), Nr.
81.
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StadtA BS, D IV 3580.
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Freiheit, 7.10.1920.
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Freiheit, 24.11.1920.