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Geschäftsführer des Landesverbandes Braunschweig. In Gotha war die For-
derung nach „lebenskundlichem Unterricht“ abgelehnt worden
10
; sie wurde
aber von den Braunschweiger Mitgliedern als erster Schritt zu der noch nicht
realisierbaren allgemeinen weltlichen Schule für notwendig erachtet und von
Jorns in einem Artikel im Verbandsorgan „Sozialistischer Erzieher“ gerecht-
fertigt.
11
Der gesamte Landesverband Braunschweig der Freien Lehrergewerk-
schaft zählte 1921 47 Mitglieder, hinzu kamen elf Hospitanten der Lehrer-
seminare in Braunschweig und Wolfenbüttel.
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Es war wahrscheinlich noch
keine Frau darunter. Die Anzahl dissidentischer Lehrer dürfte nicht wesent-
lich höher gewesen sein und reichte keineswegs aus, um den lebenskund-
lichen Unterricht abzudecken, der ab Mitte 1921 für die vom Religionsunter-
richt abgemeldeten Kinder eingeführt worden war
13
und für den allein in der
Stadt Braunschweig 1200 Kinder
14
angemeldet waren. Jorns und seine Mit-
streiter sahen die Problematik durchaus: „Nur eine kleine Gruppe von Leh-
rern steht bewusst im sozialistischen Lager und ist bereit, gemeinsam mit der
Arbeiterschaft zu kämpfen für die neue Schule.“
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Da aber die Angliederung der Lehrergewerkschaft an den Allgemeinen
Deutschen Gewerkschaftsbund (ADGB) auf Schwierigkeiten stieß, wie bereits
einige Braunschweiger Lehrer befürchtet hatten
16
, suchte sich der braun-
schweigische Verband 1921 andere einflussreiche Bündnispartner, wie Kuno
Rieke berichtete: „Im Februar d. Js. wandten wir uns an die Parteileitungen
von SPD, USPD und KPD, mit dem Ersuchen, die Bildung von Partei-Schul-
ausschüssen vorzunehmen“
17
.
Diese drei Ausschüsse setzten sich jeweils aus Vertretern der Partei-
gremien, Stadtverordneten, Eltern und Lehrergewerkschaftern zusammen.
Vorsitzender der Vereinigten sozialistischen Schulausschüsse wurde der
USPD-Politiker Otto Grotewohl, Vertreter der FLGD waren Bernhard Grün-
berg (USPD)
18
, Ernst Winter (KPD) und Kuno Rieke (SPD).
19
Gemeinsame
Sitzungen, parlamentarische und außenparlamentarische Aktionen sollten
dazu beitragen, „die Arbeitermassen immer stärker für den Schulkampf zu
gewinnen.“
20
10
Stöhr (wie Anm. 5), S. 291, 379.
11
SE, Nr. 23/24, 15.6.1921, S. 348 ff.
12
SE, Nr. 35/36, 12.9.1921, S. 505.
13
Verordnung vom 22.4.1921, abgedruckt in SE, Nr. 23/24, 15.6.1921, S. 351 ff. vgl. auch Freiheit,
5.5.1921.
14
Zahlenangabe nach Jorns, SE, Nr. 23/24, 15.6.1921, S. 350.
15
Freiheit, 7.10.1921.
16
SE, Nr. 1, 10.1.1921, S. 10.
17
SE, Nr. 41/42, 25.10.1921.
18
Der Mitbegründer der Lehrergewerkschaft starb im Dezember 1932; vgl. Volkslehrer Nr. 1,
1.1.1933.
19
SE, Nr. 23/24, 15.6.1921, S. 341f.
20
SE, Nr. 41/42, 25.10.1921, S. 561ff (Hans Sievers).