Seite 25 - Lebenswege

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Schule im Volke wurzelt.“
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Angemeldet wurden zu Ostern 1926 1064 Kna-
ben und 846 Mädchen, was die Einrichtung von 57 neuen Klassen und 58
Lehrkräfte allein in der Stadt Braunschweig erforderte.
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Am 12. März 1926 genehmigte das Staatsministerium die Errichtung von
so genannten „Sammelschulen“, wie die weltlichen Schulen amtlicherseits
genannt wurden. Zu Schuljahresbeginn Ostern 1926 wurden in Schöningen
eine weltliche Schule und in Braunschweig die weltlichen Schulen Bürger-
straße, Maschstraße und Ottmerstraße eingerichtet. Ein Jahr später kam in
Braunschweig die Schule Bültenweg hinzu und 1928 die weltliche Schule in
Wolfenbüttel. An diesen Schulen waren etwa 80 dissidentische Lehrer einge-
setzt, an anderen Schulen des Landes, an denen lebenskundlicher Unterricht
erteilt wurde, etwa 20. Etliche der 1922 von den Freidenkern „eroberten“
Orte waren nicht mehr darunter.
Grundlagen der weltlichen Schulen sollten nach der Satzung des Welt-
lichen Elternbundes „die wissenschaftliche Wahrheit, die Ergebnisse der
Erziehungswissenschaft und die Notwendigkeiten des Gemeinschaftslebens“
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sein. Die Programmatik war von Gedanken der Reformpädagogik bestimmt,
d.h. von den im Elternbund mitarbeitenden Lehrern: „Die weltlichen Sammel-
schulen tragen keinerlei religiösen Charakter, sie sind gefordert aus der Über-
zeugung, dass vollste Weltlichkeit des Unterrichts und der Erziehung der Ent-
wicklung des Kindes zum selbständig denkenden, kritisch eingestellten, sittlich
autonomen Menschen am förderlichsten ist.“
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Bei einer Konferenz der weltlichen Schulen Ende 1926 führte Ewald
Bese, Lehrer an der Schule Ottmerstraße, aus, durch hohe Stundenzahl und
einseitig geistig formale Bildung (Lesen, Schreiben, schulmäßiges Rechnen)
werde „die körperliche und geistige Entwicklung der Kinder gestört.“ Die
Konferenz forderte das Recht der freien Stoffwahl, um einen „freien, alle
Geistes- und Körperkräfte beschäftigenden Gesamtunterricht“ gestalten zu
können. Der Lehrer sollte seine Klasse vier Jahre führen und die Klassen-
frequenzen müssten von 36 auf 20 bis 25 Schüler herabgesetzt werden. Die
Direktion der städtischen Bürgerschulen erteilte den Forderungen eine
Abfuhr.
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1926/27 aber wurden die äußeren Bedingungen mit Hilfe von
Elternspenden und unter aktiver Mitwirkung von Eltern und Lehrern verän-
dert, Wände dekoriert, Mobiliar erneuert und Tafelfriese, Mikroskope,
Musikinstrumente, Filmvorführgeräte etc. angeschafft. „Die Klasse wird aus
einem Exerzierschuppen zur Wohn- und Werkstatt,“
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begeisterte sich Otto
Grotewohl bei einem Rundgang durch die Schule Maschstraße im Herbst
1927.
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VF, 20.2.1926.
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Niedersächsisches Staatsarchiv Wolfenbüttel (Nds. StA Wf.), 12 Neu 14, Zg. 35/94, 22.
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VF, 19.1.1926, Satzung des Weltlichen Elternbundes.
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Nds. StA Wf., 12 Neu 14, Zg. 35/94, 22, Weltliche Elternbund, 16.3.1926.
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Nds. StA Wf., 12 Neu 14, Zg. 35/94, 22.
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VF, 23.9.1927.