Seite 31 - Lebenswege

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um deren Einschätzung Buchheisters zu hören, da er plante Buchheister „zu
einer sehr wichtigen Mission zu verwenden“.
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Beide kannten Buchheister nicht
nur aus der KPO, sondern auch aus dem Landheimbund in Braunschweig, der
im Rieseberger Moor ein alternatives eigenverantwortliches Lebensgestaltungs-
projekt zu verwirklichen suchte, das durch die nationalsozialistische Machtüber-
nahme brutal gestoppt wurde. „Politischer Kopf“ dieses von KPO-Anhängern
getragenen Projektes war Wiesener, während Rodenstein und Buchheister ver-
mutlich als dessen „intellektuelle Köpfe“ betrachtet werden können.
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Von Wiesener, mit dem Walcher schon während eines Aufenthalts in Prag
im November 1935 über Buchheister gesprochen hatte, kam folgende aus-
führliche Rückmeldung:
„Ich glaube […] mit gutem Recht sagen zu können, dass W[erner] ein aus
tiefster Überzeugung der Bewegung verbundener Genosse ist, dessen auf-
rechter Charakter auch größtes Vertrauen rechtfertigt. Seine Teilnahme an
allen Parteiauseinandersetzungen sowie an allen Kursen über grundsätzliche
Probleme innerhalb unseres Bezirks, dazu sein Beruf /Lehrer/ und die Tatsa-
che, dass er Funktionen sozusagen von der Pike an ausgeführt hat, haben ihm
theoretisches und organisatorisch reiches Wissen vermittelt, das ihn sicher
befähigt, die ihm zugedachte Funktion bestens auszufüllen. Er hat gewiss eine
etwas sensible Veranlagung und neigt daher wohl nicht immer zu schnellen
Entschlüssen, was ihn an einer Stelle, wo ihm allein Entscheidung zufiele,
behindern müsste, aber das ist bei der Funktion ja wohl kaum von größerem
Belang. Dieser Nachteil wird zum Teil wieder ausgeglichen durch seine abso-
lut ehrliche Selbstkritik und sein sympathisches Wesen, das ihm neben den
sachlichen Leistungen schnelle Vertrauenserwerbung sichert. [...] Nicht unwe-
sentlich dürfte auch sein, dass er als Lehrer auf der Polizeischule in Hannover
sicher viel Internes über Ausbildung von Sipo und Kriminalbeamten erfahren
hat, was er wieder der Bewegung dienstbar machen kann.“
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Rodenstein beschrieb in seiner Antwort an Walcher Buchheister als „lang-
jährigen Genossen, der jedes Vertrauen verdient“.
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Angesichts dieser Vertrauenserklärungen durch zwei ehemalige KPO-Mit-
glieder und nachdem Walcher noch einmal Rodenstein kontaktiert hatte,
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wurde Werner Buchheister als „Instrukteur“ und organisatorischer Leiter zur
noch existierenden SAP nach Berlin delegiert, wo er den Parteinamen „Heinz
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Brief [Walcher] an Gen. Wiesner [sic!]/Lieber Robert, 3. Januar 1935 [richtig: 1936], in: Arbark,
Mappe 137.
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Günter Wiemann, Zur Gründergeneration des Käthe-Kollwitz-Hauses, in: Regionale Gewerk-
schaftsblätter, Heft 24, S. 75.
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Brief Robert [Rudolf Wiesener] an Jacob Walcher, 26. Januar 1936, in: Arbark, SAP-arkiv, Mappe 137.
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Brief Heinrich Rodenstein an Jacob Walcher, ohne Datum [Anfang Januar 1936], in: Arbark, SAP-
arkiv, Mappe 206.
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Hintergrund der erneuten Anfrage bei Rodenstein waren Gerüchte in Pariser Emigrantenkreisen,
dass Buchheister nicht zu trauen sei, da er zweimal verhaftet, aber wieder entlassen worden sei, und
trotz der Verhaftungen im Besitz eines Passes war; siehe dazu Brief [der SAP-Auslandszentrale] an
Liebe H. [Parteigruppen in Berlin und Prag], 7. Mai 1936, in: Arbark, SAP-arkiv, Mappe 137.