Seite 40 - Lebenswege

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onen über die Existenz des Lagers finden wir in den Publikationen von Wein-
mann
4
, Kaienburg
5
, Kolb
6
, Hertz-Eichenrode
7
, Ellger
8
und Zacharias
9
. Sie
geben vor allem Auskunft über das Datum, an dem das Lager zum ersten
und zum letzten Mal erwähnt worden ist, und über die Art der durch die KZ-
Häftlinge verrichteten Arbeit.
Die wesentliche Grundlage für die Rekonstruktion der Geschehnisse bil-
den deshalb die weit verstreuten Berichte von ehemaligen KZ-Häftlingen und
Zwangsarbeitern sowie Einwohnern von Braunschweig. Hinzu kommen im
Auftrag des Autors geführte Interviews und Gespräche mit ehemaligen Häft-
lingen, die heute in Schweden und Israel leben. Da die befragten Zeitzeuginnen
zumeist nicht selbst Berichte verfasst haben, wurden nahe Verwandte und
Vertrauenspersonen vom Autor gebeten, die Erinnerungen in Form eines
schriftlichen Berichts festzuhalten.
Vorgeschichte
Die Existenz des KZ-Außenlagers SS-Reitschule war indirekt mit der
Rüstungsproduktion in Braunschweig verbunden. Die Stadt mit zahlreichen
Maschinenfabriken und Metallverarbeitungswerken gehörte zu jenem riesigen
Industriekomplex, zu dem auch die „Kraft-durch-Freude-Stadt“ (heute Wolfs-
burg) mit dem Volkswagenwerk und Salzgitter mit dem Konzern „Reichs-
werke Hermann-Göring“ zählten.
10
In der Stadt Braunschweig wurden Rüstungsgüter verschiedener Art für
alle drei Waffengattungen hergestellt: für das Heer, die Marine und die Luft-
4
Martin Weinmann (Hrsg.), Das nationalsozialistische Lagersystem CCP
,
Frankfurt 1990. Auf S. 106
steht, dass das Register der Todesfälle in der SS-Reitschule, wo nur Frauen gefangen gehalten wur-
den, den Zeitraum 16.1.-5.2.1945 umfasst. Offensichtlich handelt es sich hierbei um das vom Stan-
desamt Braunschweig geführte Sterberegister, siehe Anm. 89.
5
Hermann Kaienburg, Das Konzentrationslager Neuengamme 1938-1945, Bonn 1997, S. 321: Beste-
henszeit des Lagers 16.1.1945 – 18.2.1945, unbekannte Zahl der Häftlingsfrauen, Art der Arbeit:
Enttrümmerung, Abtransport in unbekannter Richtung.
6
Eberhard Kolb, Bergen-Belsen 1943 bis 1945, Göttingen 1996. Auf S. 74 wird über die Überstel-
lung am 16.1.1945 von 300 Häftlingsfrauen aus dem KZ Bergen-Belsen nach Braunschweig berich-
tet. Sie sollten bei Aufräumungsarbeiten eingesetzt werden.
7
Katherina Hertz-Eichenrode, Weibliche KZ-Häftlinge in den Außenlagern des KZ Neuengamme,
in: Häftlinge im KZ Neuengamme
,
Hamburg 1999, S. 119-133. Auf S. 123 steht: „Anfang des Jah-
res 1945 (!) entstanden noch neue Frauen-Außenlager: [...] in Braunschweig das AL SS-Reitschule“,
und auf S. 132: „Dem Arbeitskreis Stadtgeschichte in Salzgitter liegen mittlerweile acht Berichte [...]
vor. Aus diesen Berichten geht u.a. hervor, daß das AL [SS-Reitschule – K. L.] bereits im Dezem-
ber 1944 (!) eingerichtet worden sein muß.“
8
Hans Ellger, Die Belegung der Frauenaußenlager des KZ Neuengamme: Eine Chronologie, in: Bei-
träge zur Geschichte der nationalsozialistischen Verfolgung in Norddeutschland, Heft 9, Bremen
2005, S. 116-128.
9
Elke Zacharias, Ein Ort mit Geschichte. „Ausländerfriedhof“ Jammertal in Salzgitter-Lebenstedt,
Salzgitter 2006.
10
Genaue Angabe zur Quelle in: Karl Liedke / Bernd Rother, Von der Zuckerfabrik zum Mikrochip,
Braunschweigs Industrie von 1850 bis heute. Frankfurt 1989, S. 56 ff.