RUDOLF MÜLLER
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Die erste Aufbauphase des Aero-Club
Nach dem Ende des 2. Weltkrieges war für die Deutschen jegliche fliegeri-
sche Tätigkeit durch die Alliierten verboten. Natürlich kannte man sich noch
aus früherer Zeit, und man hatte Kontakt untereinander. Die Sehnsucht zu
fliegen wurde umso stärker, je länger das Kriegsende zurücklag und sich die
Lebensbedingungen normalisierten.
Im Jahr 1949 wurde im Rundsprechverfahren zu einem Treffen ehema
liger Segelflieger in die Gaststätte „Zu den sieben Türmen“ am Altstadt-
markt eingeladen. Da das Flugverbot der Alliierten Hohen Kommission (sie-
he Chronik) noch galt, wurde ein „Braunschweiger Bootsverein“ verabredet.
Ein solcher Verein braucht natürlich eine Werkstatt, in der sperrige Bauteile
aus Holz gebaut werden können. In der Schule Maschstraße, die im Krieg
nur leichte Schäden erlitten hatte, renovierte dieser „Verein“ einen großen
Raum im ersten Stock und besorgte Werkzeug und kleinere Maschinen, um
dann „Fliegende Boote“ bauen zu können. Irgendwo war auch ein komplet-
ter Zeichnungssatz für das Übungs-Segelflugzeug Grunau Baby III vorhan-
den. Fragen nach dem Woher wurden nicht gestellt, denn offiziell war Der-
artiges strafbar…
Die Gruppe bestand anfangs aus etwa 30 Mitgliedern, darunter vier ehe-
malige Fluglehrer und ein Segelflugzeug-Baumeister. Sie wurde aber durch
Flüsterpropaganda schnell größer. Die meisten hatten schon Flugerfahrung
von früher. Es wurde beschlossen, mit dem Bau des Baby III zu beginnen.
Damit sich das Bauen auch lohnt, sollten gleich vier Exemplare gebaut wer-
den, eines für jeden Fluglehrer. Ein glücklicher Umstand erlaubte die Mit-
nutzung der Tischlerei in der ehemaligen Luftfahrtforschungsanstalt (LFA)
in Völkenrode. Diese Werkstatt hatte den Krieg heil überstanden, war ma-
schinell gut ausgerüstet, und dort arbeiteten vier Mitglieder der Gruppe. So
wurde in der Maschstraße ab Anfang 1950 der Bau von vier Sätzen Trag
flächen und Höhenleitwerken begonnen, nachdem das Material und dafür
notwendiges Geld besorgt worden waren. In Völkenrode wurden parallel die
vier Rümpfe gebaut. Das Zusammenfügen der Einzelteile erfolgte dann in
der Maschstraße. Etwa im Mai 1952 war der Bau der Flugzeuge abgeschlos-
sen.
Nach einem Treffen tausender Segelflieger auf der Wasserkuppe im Au-
gust 1950 war das Verstecken nicht mehr notwendig, und man konnte aero-
nautische Fragen offen behandeln. Damit war der Tarnverein der „Boots
bauer“ überflüssig, und es konnte der Aero-Club Braunschweig e.V. mit den
Sparten Segelflug und Modellflug im Januar 1951 gegründet werden. Offi-
ziell wurde dann das Verbot des Fliegens am 28. April 1951 und das des Bau-
ens am 21. Juni 1951 durch die Alliierte Hohe Kommission aufgehoben. Na-
türlich hatte es der Verein danach sehr eilig, die Flugzeuge fertig zu stellen