Seite 107 - Luftfahrtgeschichte

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DER AERO-CLUB BRAUNSCHWEIG NACH 1945
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und mit dem Fliegen zu beginnen. Um beim Bau Zeit zu sparen, wurden so-
gar die Bremsklappen einfach weggelassen.
Ende 1951 brauchte die Stadt den Raum in der Schule Maschstraße für den
Schulbetrieb. Deshalb musste die Werkstatt geräumt werden. Nach einer
kurzen Zwischenphase im Südwesten der Stadt konnte die Flugzeughalle des
ehemaligen Luftfahrtlehrzentrums der TH Braunschweig am Flughafen
Waggum benutzt werden. Hier gab es nun genügend Platz für alle Geräte des
Aero-Club.
Zum Start in der Ebene wie z. B. in Braunschweig braucht man eine
Schleppwinde. Das Prinzip war aus der Vorkriegszeit bekannt, und so wurde
von den Büssing-Werken ein alter 105-PS Dieselmotor bereitgestellt. Da ein
LKW als Unterbau nicht zur Verfügung stand, wurde damit eine Anhänger-
Querschleppwinde gebaut, für die man auch kein Winkelgetriebe benötigte.
Diese Winde war die erste dieselgetriebene Winde in Deutschland. In der
damaligen Zeit vertraute man allgemein mehr den großvolumigen Ottomo-
toren, und so wurde auch auf diesem Gebiet in Braunschweig Luftfahrtge-
schichte geschrieben. Heutzutage haben mehr als 90% aller Winden einen
Dieselantrieb.
Nach Freigabe des Segelfluges begann die Flugzeugfirma Focke-Wulf in
Bremen offiziell mit dem Serienbau von Segelf lugzeugen. Der bekannte
Konstrukteur Hans Jacobs (1907 – 1994) entwarf dafür den Doppelsitzer
Kranich III als Weiterentwicklung des Vorkriegsmusters Kranich II. Kaum
war der Erstflug des Prototyps im Herbst 1951 erfolgt, bestellte der Aero-
Club den ersten auszuliefernden Kranich III für 12.000,- DM, was damals
sehr viel Geld war und nur mit großzügigen Spenden der Braunschweiger
Wirtschaft finanziert werden konnte.
Obwohl nahezu rund um die Uhr gearbeitet wurde, brauchte der Verein
für die endgültige Fertigstellung der Babys bis zum Mai 1952. Am Pfingst-
sonntag, dem 1. Juni 1952, wurden die vier neuen Segelflugzeuge gemeinsam
mit dem Schulgleiter SG 38 des PSV Blau-Gelb und dem Baby der Akaflieg
auf dem Franzschen Feld getauft. Zum Fliegen fehlte jetzt nur noch das Flug-
gelände. Der Flughafen in Waggum war nach dem Krieg als Ackerland um-
gepflügt und mit Getreide bebaut worden. Die Flughafengesellschaft be-
stand aber noch und bemühte sich um die Wiederinbetriebnahme des
Geländes für den Flugsport. Mitte Juli 1952 mähte der Bauer das Getreide
auf dem früheren Flugplatz. Die Segelflieger räumten die Garben zur Seite
und begannen mit dem Flugbetrieb auf dem Stoppelacker.
Am Sonntag, dem 20. Juli 1952 um 14:39 Uhr, startete eines der vier Babys
zum ersten zivilen Flug nach dem Krieg in Braunschweig. Es war auch der
Tag, an dem die olympischen Spiele in Helsinki eröffnet wurden, mit erst-
mals wieder deutscher Beteiligung. Der Flug als Sprung im Geradeausflug
dauerte 18 Sekunden. Nach einem weiteren Flachstart wurde dann der erste