DIE BRAUNSCHWEIGER FLUGZEUGENTWICKLUNGEN „ZAUNKÖNIG“ UND „KIEBITZ“
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„Storch“ herankommen. Aus Kostengründen entschied sich Prof. Winter für
eine Gemischtbauweise unter Verwendung von gängigen Werkstoffen wie
Holz, Sperrholz und Stahlrohr. Für den Antrieb wurde der damals bewährte
Zündapp-Motor 9-092 mit 51 PS ausgewählt, ein luftgekühlter Vierzylin-
der-Reihenmotor mit hängenden Zylindern. Die Projektbezeichnung lautete
„Langsamflugzeug Nr. 1“ (LF 1).
Ab Januar 1940 wurde mit den detaillierten Entwurfs- und Konstruk-
tionsarbeiten begonnen, die in Form von Studienarbeiten einzelnen Studen-
ten zugewiesen wurden. Zusätzlich wurden Details des Entwurfs an Hand
einer 1:1-Attrappe des Flugzeugs geklärt. Die damals bekannten Profil-
sammlungen enthielten kein brauchbares Tragflügelprofil für den Langsam-
flug, und so musste erst einmal ein geeignetes Langsamflugprofil entwickelt
werden, das dann im 1,2 m Windkanal des Aerodynamischen Instituts des
Luftfahrtlehrzentrums [Leiter: Prof. Dr. phil. H. Schlichting (1907 – 1982)]
vermessen wurde. Später wurde dann auch imWindkanal desselben Instituts
ein vollständiges Modell des Langsamflugzeugs untersucht. Auch diese Mes-
sungen wurden im Rahmen von Examensarbeiten von Studenten der Luft-
fahrttechnik durchgeführt. Das Ergebnis war ein Hochdecker mit vorn lie-
gendem Motor und folgenden Abmessungen: 8,02 m Spannweite, 6,08 m
Länge, 2,38 m Höhe und 9,202 m² Flügelfläche. Der Nachweis ausreichender
Festigkeit bereitete aufgrund des einfachen und übersichtlichen Aufbaus des
Flugzeugs keine nennenswerten Schwierigkeiten. Er wurde sowohl rechne-
risch als auch durch Belastungsversuche geführt.
Der Prototyp (V1)
. Mitte 1940 wurde in der Werkstatt des Instituts für
Flugzeugbau mit dem Bau des ersten Flugzeugs begonnen, der so zügig vo-
ranging, dass die Endabnahme durch die Bauaufsicht bereits am 15. Dezem-
ber 1940 erfolgen konnte. Sehr wahrscheinlich ist dann am 17. Dezember
1940 Prof. Winter selbst zum Jungfernflug gestartet. Das Flugzeug erhielt
das Kennzeichen D-YBAR.
Dem Erstflug folgte die Flugerprobung zur Ermittlung der Flugleistun-
gen und der Flugeigenschaften. Hierbei wurde das Institut für Luftfahrt-
messtechnik und Flugmeteorologie des Luftfahrtlehrzentrums [Leiter Prof.
Dr. H. Koppe (1891 – 1963)] eingeschaltet. Die Flugleistungen bestätigten
die Erwartungen: Ermittelt wurden Anrollstrecken von 64 bis 80 m, Ausroll-
strecken von 28 bis 42 m sowie eine Kleinstgeschwindigkeit von 47 km/h.
Die Höchstgeschwindigkeit im Horizontalflug wurde mit 141 km/h gemes-
sen. Die Flugeigenschaften ließen ein gutmütiges Verhalten erkennen. Das
Flugzeug war einfach zu fliegen.
Aber nicht alle Erprobungsflüge verliefen problemlos. So kam es beim
Nachweis der Flattersicherheit bei einer Geschwindigkeit, die weit über der
normalen Reise- und Höchstgeschwindigkeit lag, am 25. Mai 1941 zu einer
technischen Störung und das Flugzeug war nicht mehr steuerbar. Die Folge