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Die numismatische Literatur
Braunschweiger Drucker Balthasar Gruber.
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Heinrich Bünting (1545-1606) war Theologe, schrieb aber
auch eine damals weit verbreitete Braunschweig-Lüneburgische Chronik, die als Neuauf lage 1638
ebenfalls bei Balthasar Gruber gedruckt wurde. Gruber druckte häufig für auswärtige Verleger wie
den Magdeburger Emeranus Kirchner.
Im 17. Jahrhundert spielte die Stadt Braunschweig, was die Produktion numismatischer Literatur be-
trifft, ebenso wie Wolfenbüttel und Goslar, noch eine untergeordnete Rolle. Christian Dekesel hat in
seinem maßgebenden Werk
Bibliotheca Nummaria II
, in dem für das 17. Jahrhundert nicht nur die älteren
wissenschaftlichen Werke zur Numismatik, sondern auch Bücher zu anderen Themen mit Münz-
abbildungen verzeichnet sind, lediglich vier Eintragungen für Braunschweig als Erscheinungsort, vier für
Goslar und nur eine für Wolfenbüttel. Dagegen war Helmstedt als Universitätsstadt mit eigener Uni-
versitätsdruckerei von großer Bedeutung, wie 42 Eintragungen bei Dekesel bezeugen. Damit stand
Helmstedt im 17. Jahrhundert an fünfter Stelle unter Deutschlands Städten, in denen Bücher mit
numismatischem Inhalt gedruckt wurden. Nur Frankfurt (mit 131 Eintragungen), Leipzig (107), Nürnberg
(68) und Wittenberg (52) übertrafen die braunschweigische Universitätsstadt Helmstedt.
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Im Laufe des 18. Jahrhunderts änderte sich das Bild. In der ersten Hälfte des 18. Jahrhunderts waren
Braunschweig, Wolfenbüttel und Helmstedt als Verlagsorte für alle Arten von Büchern von Be-
deutung. In der Rangliste der Leipziger Messe für die deutschen Städte nahm Wolfenbüttel zwischen
1730 und 1740 mit 198 Verlagsartikeln den zwölften, Braunschweig mit 122 Artikeln den siebzehnten
Rang ein. Helmstedt wird an zwanzigster Stelle genannt. Zwischen 1765 und 1805 rückte Braunschweig
mit 338 Artikeln auf den vierzehnten Rang vor, während Wolfenbüttel und Helmstedt weit zurück-
fielen.
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Bei Wolfenbüttel machte sich die Verlegung der Residenz nach Braunschweig bemerkbar, bei
Helmstedt der Niedergang der Universität. Druckereien wählten ihren Standort dort, wo Aufträge zu
erwarten waren. In Residenzstädten waren Aufträge zum Druck von Verordnungen und Zeitungen
zu erwarten, in kulturell bedeutenden Städten und Universitätsstädten der Druck gelehrter Bücher.
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Auch in der numismatischen Literatur spiegelt sich diese Entwicklung wider. Mit der Spitzengruppe
der deutschen Städte wie Leipzig, Berlin oder Hamburg konnten die braunschweigischen Städte aber
nicht mithalten.
Zwei wichtige Standardwerke zu den Münzen und Medaillen der Welfen wurden in der ersten
Hälfte des 18. Jahrhunderts in Braunschweig und Helmstedt gedruckt. 1722 erschien in Braunschweig
die
Braunschweig-Lüneburgische Chronica
des Pastors und Landeshistorikers Philipp Julius Rehtmeier
(1678-1742). Der lange Titel, den das Buch trägt, zeigt schon an, dass in drei Bänden eine ungeheure
Masse Stoff zur dynastischen Landesgeschichte zusammengetragen worden war (Abb. 575):
Philipp Julius Rehtmeier,
Braunschweig-Lüneburgische Chronica oder: Historische Beschreibung der
Durchlauchtigsten Herzogen zu Braunschweig und Lüneburg, wie dieselben anfänglich aus den fürst-
lichen Häusern Este und Sachsen ihren Ursprung genommen, was sie in diesen Landen für Helden=Taten
verrichtet, was für mächtige Kayser, Könige, Geist= und weltliche Fürsten, Grafen und Herren darin
regieret; zu welcher Zeit die fürnehmsten Stiffte, Clöster, Städte und Schlösser fundirt und erbauet
worden, benebst denen denckwürdigsten Geschichten, sonderlich was sich im Lande selbst begeben,
aus vielen gedruckten alten und neuen Chronicken, brief lichen Urkunden und Verzeichnissen vor-
mals zusammengetragen und beschrieben durch die
beyde gelehrte Theologo-Historicos M. Henricum
Bünting, und Johannem Letzner. Nunmehro aber mit unermüdetem Fleisse untersuchet und in richtige
Ordnung gebracht, fürnemlich aber durch des Letzneri gantzen Historia Caroli Magni und denen
merckwürdigsten Geschichten, aus denen Chronicis MStis der Städte Braunschweig, Lüneburg und
Hannover vermehret, nach des Hoch=berühmten Königl. Groß-Britannischen, auch Chur fürstl.
Braunschweig=Lüneb. Geheimten Raths Hn. Baron von Leibniz Scriptor Brunsv. und anderen unver-
werf lichen Scribenten durchgehends verbessert, mit gehörigen Notis, Documentis, Sigillis, Insignibus,
Nummis tam bracteatis quam solidis, & monumentis publicis bestärcket, mit vielen Kupfern und
Figuren gezieret, und biß auf die jetzige Zeit continuiret, nebst einem Anhange und vollkommenem
Register zum ersten Mal in dreyen Theilen ans Licht gestellet von Philippo Julio Rehtmeier, Brunsvic.,
Braunschweig, in Verlegung Detleff Detleffsen. Gedrucket bey Arnold Jacob Keiteln, 1722.