Seite 66 - Muenzbuch

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Die Zeit der großen Münzkonventionen im 17. und 18. Jahrhundert
herstellten, um ihre Gewinne zu erhöhen (siehe oben S. 238). Ihrer unredlichen Geschäfte wegen
wurden sie mehrfach angeklagt. Lorenz Wagner ließ man 1678 in Leipzig verhaften, dann aber wieder
frei. 1689 wurde er in Hamburg verhaftet, von wo er nach Dänemark f loh, wo er erneut eingesperrt
wurde.
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Auch in Braunschweig müssen die Brüder Wagner an dunklen Münzgeschäften beteiligt ge-
wesen sein, wie das frühe Ende ihres Vertrages und Beschuldigungen zeigen, die gegen ihren Münz-
meister Johann Georg Breuer erhoben wurden (siehe unten S. 241).
Die Auf lagen, die Braunschweig im Vertrag mit den Brüdern Wagner hinnehmen musste, zeigen
deutlich, dass die Entscheidungsfreiheit der Stadt auch in der Münzprägung eingeschränkt war.
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Der
regierende Fürst fügte dem Vertrag, den die Stadt mit den Brüdern schloss, zahlreiche Vorschriften
hinzu. Es sol lte die fürstl iche Münzordnung gelten, die gemeinsam von den braunschweig-
lüneburgischen Herzögen am 21. Januar 1675 beschlossen worden war (siehe oben S. 238).
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Darin
waren die Nominale und das Feingewicht der ausgeprägten Münzen festgeschrieben. Der Herzog be-
stellte zur Kontrolle der Prägungen einen Münzwardein, der von den Münzdirektoren Wagner bezahlt
werden musste. Die Münze konnte jederzeit von einem Beauftragten des Herzogs kontrolliert werden.
Der Münzmeister unterstand dem Wardein und durfte von den Münzdirektoren Wagner, obwohl
diese für den Münzmeister verantwortlich waren, keine Vorschriften über Schrot und Korn, also
Grob- und Feingewicht der Münzen, entgegennehmen. Der Herzog behielt sich außerdem eine
Kündigung des Vertrages vor, falls ein besseres Angebot erfolgte.
Die Brüder Wagner hatten die technische Einrichtung der Münze auf eigene Kosten aufzubauen.
Sie sollte aber in ihrem Eigentum bleiben, falls sie Braunschweig verließen. Die Münzdirektoren ge-
nossen aber den Schutz des Herzogs beim Silberkauf in Hamburg und waren von allen bürgerlichen
Lasten in Braunschweig und von den Zöllen für das eingeführte Silber befreit. Sie konnten bei allzu
hohen Preissteigerungen des Silbers und im Kriegsfall ihren Vertrag auf lösen.
An die Stadt Braunschweig hatten die Münzdirektoren 2.000 Taler jährlich als Schlagschatz zu
zahlen, beginnend mit dem 13. Juni 1675. Bei Änderungen des Silberpreises sollte auch der Schlag-
schatz entsprechend angepasst werden. Die Stadt durfte sich selbst mit einem Betrag zwischen 1.000
und 10.000 Reichstalern an der Münzprägung beteiligen und sollte dann auch am Münzgewinn der
Brüder Wagner Anteil haben. Bei eventuellen Schäden und Transportverlusten musste die Stadt ent-
sprechend ihrer Beteiligung dafür einstehen.
Der Vertrag mit den Brüdern Wagner blieb nicht wie vorgesehen vier Jahre bestehen, sondern
endete schon im Dezember 1677. Lorenz Wagner hatte zu diesem Zeitpunkt bereits einen Pachtvertrag
mit Herzog Franz von Lauenburg geschlossen und prägte dort bis 1689 immer schlechter werdende
Zweidritteltaler. Nur zweimal erfolgten Zahlungen der Brüder an die Stadtkasse Braunschweig, ein-
mal 5.100 Taler, das zweite Mal 3.000 Taler. In den Jahren 1677 bis 1679 f loss dagegen kein Geld aus
dem Schlagschatz an die Stadt.
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Zwei Münzmeister arbeiteten nachweislich für die Brüder Wagner in Braunschweig, zuerst der
zwielichtige Johann Georg Breuer, dann im Jahre 1676 der ebenso unredliche Bastian Hille, der einer
weit verzweigten deutschen Münzmeisterfamilie angehörte. Hille hatte auch die Münze in Halberstadt
gepachtet und wurde dort 1677 als ‚Heckenmünzer’ verhaftet und nach Berlin gebracht. Der Prozess
gegen ihn wurde aber 1680 niedergeschlagen. Später finden wir Bastian Hille als Münzmeister in
Minden, Tönning, Rendsburg und Kiel, wo er 1727 starb.
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Der Münzmeister Johann Georg Breuer
Erstmals ist der deutschstämmige Johann Georg Breuer
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im Jahre 1649 unter dem Namen Göran
Isersnider als Stempelschneider in der schwedischen Münzstätte Avesta bezeugt. Als Medailleur und
Modelleur des schwedischen Königshauses schuf er Porträtmedaillen, Modelle für Marmorbüsten und
Reliefs. 1666-1669 arbeitete er als Stempelschneider für die Münzstätte Stockholm, die er 1668/69 auch
verwaltete. Offenbar wegen Unregelmäßigkeiten musste er 1669 Schweden verlassen und soll sich
danach in Dänemark aufgehalten haben. Schon 1667 hatte Breuer Medaillen auf die brüderliche Ein-
tracht der Braunschweiger Herzöge Rudolph August und Anton Ulrich hergestellt, denen weitere